Aktueller geopolitischer Meinungsbeitrag von Dr. Klaus Peter Krause

— Foto: ef-Magazin

Die Schurkenrolle der USA im Ukraine-Krieg

… die sie jedoch geschickter zu verbergen wissen. Eine alternative Sichtweise, die man auch zur Kenntnis nehmen sollte

Von Dr. rer. pol. Klaus Peter Krause. — Berlin, 7. März 2022

Die Kriegsmaschinerie in der Ukraine und um sie herum läuft mit voller Wucht, die Propaganda-Maschinerie von Medien und Institutionen ebenfalls. Neben dem Krieg mit Waffen läuft der beiderseitige Propaganda-Krieg. Gewaltiges Leid entsteht, Halbwahrheiten und Fehlinformationen breiten sich aus. Daran, wer der große Schuldige ist, zweifelt in der „westlichen Welt“ fast niemand. Wer zu den Zweiflern gehört, hat keinen leichten Stand. Doch auch Andersdenkenden Gehör zu verschaffen, ist journalistische Pflicht, zumal dann, wenn solche Stimmen aus den USA selbst kommen. Einer davon ist der Wirtschaftswissenschaftler Michael Hudson. Der Beitrag Hudsons ist mit 1. März 2022 datiert.

Die wirtschaftlichen Hintergründe der USA

Hudson legt die wirtschaftlichen Hintergründe und Interessen der USA an dem Krieg in der Ukraine offen und macht keinen Hehl daraus, dass hinter dem Krieg die USA stecken und es so wollen. Hudson beschreibt, wie die Machtkomplexe MIC, OGAM und FIRE die Nato eroberten und dass diese drei amerikanischen Oligarchien die amerikanische Außenpolitik kontrollieren und damit auch die Rolle der USA in der Ukraine. Es zeigt sich, dass die USA Putin und Russland in der Schurkenrolle noch überbieten, es jedoch verstehen, dies mit breiter Medienunterstützung geschickter zu verbergen. Wer’s nicht wahrhaben will, mag das tun, sollte aber, was er analysiert, wenigstens zur Kenntnis nehmen.

Blob – das Wort für Sonderinteressen der USA, die nicht genannt werden dürfen

„Die aktive militärische Kraft und Aggression seit 1991 sind die Vereinigten Staaten“, schreibt Michael Hudson. Die amerikanische Politik mit der Clinton-Regierung und den nachfolgenden Regierungen habe mit der Nato – die an sich nur ein Verteidigungsbündnis ist – militärische Expansion betrieben. Die Nato sei zu Europas außenpolitischem Entscheidungsgremium geworden bis hin zur Dominanz der amerikanischen Wirtschaftsinteressen. Die amerikanische Politik orientiere sich daran, was Hudson mit dem Word „Blob“ bezeichnet. Blob sei das Wort für Sonderinteressen, die nicht genannt werden dürften. Durch Russland hätten die USA Angst, ihren wirtschaftlichen und politischen Einfluss auf ihre Nato-Verbündeten und andere Satelliten des Dollar-Raums zu verlieren, weil diese Länder ihre größten Gewinnchancen darin sähen, ihren Handel mit China und Russland zu steigern und dort auch stärker zu investieren.

Im Wesentlichen kontrollieren die amerikanische Außenpolitik drei große oligarchische Gruppen

Um zu verstehen, welche amerikanischen Ziele und Interessen bedroht seien, müsse man die amerikanische Politik und den „Blob", also die zentrale Planung der Regierung, verstehen, die nicht durch die angeblich demokratische Politik betrachtet und erklärt werden könne. Wie Hudson schreibt, vertreten die wichtigsten Senatoren und Kongressabgeordneten ihre Bundesstaaten und Bezirke und damit die Wähler nicht so stark wie die wirtschaftlichen und finanziellen Interessen ihrer wichtigsten politischen Wahlkampfspender. Kontrolliert werde die amerikanische Außenpolitik im Wesentlichen durch drei große oligarchische Gruppen, die sich die Kontrolle über den Senat und den Kongress erkauft haben, um ihre eigenen politischen Entscheidungsträger in das Außenministerium und das Verteidigungsministerium zu bringen. Erstens sei das der militärisch-industrielle Komplex (MIC), zweitens der Öl-, Gas- und Bergbau-Komplex (OGAM) und drittens der Banken- und Immobilien-Komplex (FIRE).

Für den MIC-Komplex winken steigende Waffenverkäufe und steigende Gewinne

Zum MIC schreibt Hudson: „Waffenhersteller wie Raytheon, Boeing und Lockheed-Martin haben ihre Fabriken und Arbeitsplätze in fast jedem Staat und vor allem in den Kongressbezirken, in denen wichtige Kongressausschussvorsitzende gewählt werden, breit diversifiziert. Ihre wirtschaftliche Basis ist die Monopolrente, die sie vor allem aus ihren Waffenverkäufen an die Nato, an Ölexporteure des Nahen Ostens und an andere Länder mit einem Zahlungsbilanzüberschuss erhält. Senatoren und Kongressabgeordnete aus Kalifornien und Washington haben traditionell das MIC vertreten, zusammen mit dem soliden pro-militärischen Süden.“ Die militärische Eskalation der vergangenen Woche – gemeint ist der russische Angriff auf die Ukraine am 24. März – verspreche steigende Waffenverkäufe an die Nato und andere amerikanische Verbündete.

Der OGAM-Block will russisches Öl und Gas vom Markt des Dollar-Raums fernhalten, damit die Preise steigen

OGAM, der zweite große oligarchische Block, habe das Ziel, so Hudson, den Preis seiner Energie und Rohstoffe zu maximieren. Den Ölmarkt des Dollar-Raums zu monopolisieren und vom russischen Öl und Gas zu isolieren, sei seit über einem Jahr eine wichtige Priorität der USA, da die Gasleitung Nord Stream 2 die westeuropäische und die russische Wirtschaft enger miteinander zu verbinden drohe. Auch wenn Öl-, Gas- und Bergbaubetriebe nicht in jedem amerikanischen Wahlbezirk angesiedelt seien, so seien es zumindest ihre Investoren. Die führenden OGAM-Lobbyisten seien Senatoren aus Texas und anderen westlichen Ölförder- und Bergbaustaaten. Das politische Nebenziel bestehe darin, umweltpolitische Bestrebungen, Öl, Gas und Kohle durch alternative Energiequellen zu ersetzen, zu ignorieren und abzulehnen. Die Biden-Regierung habe es dementsprechend unterstützt, die Offshore-Bohrungen auszuweiten und die kanadische Pipeline zur „schmutzigsten Erdölquelle der Welt“ in den Athabasca-Teersanden zu bauen, sowie die Wiederbelebung des amerikanischen Fracking gefeiert. Die Isolierung Russlands (und des Iran) von den westlichen Märkten werde das Öl- und Gasangebot verringern und die Preise und Unternehmensgewinne entsprechend in die Höhe treiben.

Die FIRE-Gruppe zielt darauf ab, staatliche Infrastruktur und öffentliche Versorgung zu privatisieren, um höhere Preise durchsetzen zu können

FIRE, die dritte große oligarchische Gruppe, ist nach Hudsons Darstellung der symbiotische Finanz-, Versicherungs- und Immobiliensektor. Sie sei der moderne finanzkapitalistische Nachfolger der alten postfeudalen Landaristokratie Europas, die von der Landpacht lebe. Da die meisten Wohnungen in der heutigen Welt eigengenutzt seien, würden die Landmieten weitgehend in Form von Hypothekenzinsen und Schuldentilgung an den Bankensektor gezahlt. Etwa 80 Prozent der amerikanischen und britischen Bankkredite gingen an den Immobilienbereich, wodurch die Grundstückspreise in die Höhe getrieben würden. Im Inland sei das Ziel dieses Bereichs, die Landpacht und die „Kapitalgewinne“, die sich aus steigenden Landpachten ergäben, zu maximieren. International sei es das Ziel des FIRE-Bereichs, ausländische Volkswirtschaften zu privatisieren, somit die staatliche Infrastruktur und die öffentlichen Versorgungsunternehmen in rentenorientierte Monopole zu verwandeln, um wesentliche Dienstleistungen (wie Gesundheitsversorgung, Bildung, Transport, Kommunikation und Informationstechnologie) zu Höchstpreisen anstatt zu subventionierten Preisen bereitzustellen.

Das gemeinsame Interesse der drei Blöcke: Russland in ein „Do or die“-Haltung zu treiben

Für Hudson sind MIC FIRE und OGAM die drei Rentier-Bereiche, die den heutigen postindustriellen Finanzkapitalismus dominieren. Ihr gemeinsames Vermögen sei in die Höhe geschnellt, da die Kurse der MIC- und OGAM-Aktien gestiegen seien. Und Schritte, Russland aus dem westlichen Finanzsystem (und jetzt teilweise aus dem Swift-Zahlungsverkehr) auszuschließen, würden, zusammen mit den negativen Folgen, europäische Volkswirtschaften von russischer Energie zu isolieren, einen weiteren Zufluss in „dollarisierte“ Finanztitel versprechen. Weder das verarbeitende Gewerbe noch die Landwirtschaft spielten heute in der amerikanischen Außenpolitik die dominierende Rolle. Die Konvergenz der politischen Ziele der drei dominierenden Rentier-Gruppen ist für Hudson „das bestimmende Merkmal des heutigen postindustriellen Finanzkapitalismus“. Deren Dynamik sei der Grund, warum dieser oligarchische Blob sein Interesse daran gefunden habe, Russland in eine Haltung zu treiben, „die Russland offensichtlich als eine ‚Do or die‘-Haltung ansah, um den zunehmend gewalttätigen Angriffen auf die ostrussischsprachigen Provinzen Luhansk und Donezk der Ukraine sowie den breiteren westlichen Bedrohungen gegen Russland zu widerstehen“.

„Prodding the bear“ – die von den USA orchestrierte militärische Eskalation

Wie der amerikanische Präsident Biden erklärt habe, gehe es bei der derzeit von den USA orchestrierten militärischen Eskalation („Prodding the bear“) nicht wirklich um die Ukraine. Biden habe zu Beginn versprochen, es würden keine amerikanischen Truppen beteiligt sein, aber er fordere seit über einem Jahr, dass Deutschland die Erdgasleitung Nord Stream 2 daran hindere, seine Industrie und seinen Wohnungsbau mit billigem Gas zu versorgen, sondern mit viel teurerem amerikanischen Gas. Amerika habe zunächst den Bau der Leitung zu stoppen versucht: „Firmen, die beim Bau halfen, wurden sanktioniert, aber schließlich stellte Russland selbst die Pipeline fertig. Die USA richteten ihren Druck dann gegen die traditionell gefügigen deutschen Politiker und behaupteten, dass Deutschland und der Rest Europas einer Bedrohung der nationalen Sicherheit durch Russland ausgesetzt seien … Deutschland weigerte sich, Nord Stream 2 offiziell in Betrieb zu nehmen.“

Höhere Energiepreise vor allem zum Nachteil Deutschlands als vordringlich strategisches Ziel der USA

Nach Hudsons Darstellung ist es ein Hauptziel des „heutigen Neuen Kalten Krieges“, den Markt für amerikanische Lieferungen von Flüssig-Erdgas (LNG) zu monopolisieren. Bereits unter der Regierung von Donald Trump sei Angela Merkel dazu gedrängt worden zu versprechen, eine Milliarde Dollar für den Bau neuer Hafenanlagen für amerikanische Tankerschiffe auszugeben, um dort Erdgas für die deutsche Versorgung zu entladen. Das dringendste strategische Ziel der Nato-Konfrontation mit Russland durch die USA seien steigende Öl- und Gaspreise, vor allem zum Nachteil Deutschlands. Höhere Energiepreise würden der deutschen Wirtschaft viel Dampf entziehen. Das sei dann, so Hudson, „das dritte Mal in einem Jahrhundert, dass die Vereinigten Staaten Deutschland besiegt haben“. Davon geschädigt würden zwar auch Verbraucher in den USA und anderen Ländern, aber das sehe der „postindustrielle Blob“ als Kollateralschaden an.

Brüche in den Lieferketten für Schlüsselmaterialien als weitere Folgen

Weitere Folgen malt Hudson so aus: „Russische Rohstoffexporte könnten von Russland als Reaktion auf die Währungs- und Swift-Sanktionen blockiert werden. Dies droht, zu Brüchen in den Lieferketten für Schlüsselmaterialien wie Kobalt, Palladium, Nickel und Aluminium zu führen (deren Produktion als Hauptkosten viel Strom verbraucht – was dieses Metall teurer machen wird). Wenn China beschließt, sich als die nächste bedrohte Nation zu sehen, und sich Russland in einem gemeinsamen Protest gegen den Handels- und Finanzkrieg der USA anschließt, stehen die westlichen Volkswirtschaften vor einem ernsthaften Schock.“

Die Neutralisierung der Ukraine als das unmittelbarste Ziel Russlands

„Was will Russland?“, fragt Hudson und beantwortet seine rhetorische Frage wie folgt: Am unmittelbarsten wolle es den „neonazistischen antirussischen Kern“ entfernen, zu dem das Maidan-Massaker und der Putsch 2014 geführt hätten. Die Ukraine solle neutralisiert werden, was für Russland im Grunde prorussisch bedeute, dominiert von Donezk, Luhansk und der Krim. „Ziel ist es, zu verhindern, dass die Ukraine zu einem Schauplatz der von den USA orchestrierten antirussischen Schritte à la Tschetschenien und Georgien wird.“

Längerfristiges Ziel Russlands: Europa von der Nato- und USA-Dominanz abbringen

Was später? Hudson: „Russlands längerfristiges Ziel ist es, Europa von der Dominanz der Nato und der USA abzubringen – und dabei mit China eine neue multipolare Weltordnung zu schaffen, die sich auf ein wirtschaftlich integriertes Eurasien konzentriert. Ziel ist es, die Nato vollständig aufzulösen und dann die breite Abrüstungs- und Denuklearisierungspolitik zu fördern, auf die Russland gedrängt hat. Dies wird nicht nur die ausländischen Käufe von amerikanischen Waffen reduzieren, sondern könnte auch zu Sanktionen gegen zukünftige Militärabenteurer der USA führen. Das würde Amerika weniger Möglichkeiten bieten, seine Militäroperationen zu finanzieren, da sich die Entdollarisierung beschleunigte.“

Was hat Europa noch von der Nato, wenn sie der Aggression dient statt nur der Verteidigung?

Hudson weiter: „Nun, da es für jeden informierten Beobachter offensichtlich sein sollte, dass, erstens, der Zweck der Nato-Aggression nicht Verteidigung ist und dass es, zweitens, kein weiteres Territorium gibt, das sie von den Überresten der alten Sowjetunion erobern kann, was hat dann Europa von der weiteren Mitgliedschaft? Es ist offensichtlich, dass Russland nie wieder in Europa einmarschieren wird. Es hat nichts zu gewinnen – und hatte nichts zu gewinnen, wenn es die Ukraine bekämpft, außer die Stellvertreter-Erweiterung der Nato in dieses Land und die von der Nato unterstützten Angriffe auf Novorossiya zurückzudrängen.“ Hudson fragt: „Werden europäische nationalistische Führer (die Linke ist weitgehend proamerikanisch) fragen, warum ihre Länder für amerikanische Waffen bezahlen sollten, die sie nur in Gefahr bringen, höhere Preise für amerikanisches LNG und Energie und mehr für Getreide und in Russland produzierte Rohstoffe zu zahlen, während sie gleichzeitig die Möglichkeit verlieren, Exportverkäufe und Gewinne aus friedlichen Investitionen in Russland zu erzielen – und vielleicht auch China verlieren?“

Die Entdollarisierung wird sich beschleunigen

Hudson erinnert an den „jüngsten Diebstahl“ der afghanischen Reserven durch die USA und Englands Beschlagnahme der in England gehaltenen venezolanischen Goldbestände und folgert: Dies „bedroht die Einhaltung des Dollar-Standards in jedem Land und damit die Rolle des Dollars als Vehikel für Devisenersparnisse durch die Zentralbanken der Welt. Dies wird den internationalen Entdollarisierungsprozess beschleunigen, den Russland und China bereits begonnen haben, die sich auf gegenseitige Bestände an Währungen des jeweils anderen verlassen.“

Wohin „das amerikanische Abenteurertum“ die Welt treibt

Russland habe davon geträumt, eine neue Weltordnung zu schaffen, aber es sei das amerikanische Abenteurertum gewesen, das die Welt in eine völlig neue Ordnung getrieben habe – eine, die von China als Standardsieger dominiert zu werden scheine. Längerfristig dürfte sich Russland China anschließen und eine Alternative zum USA-dominierten IWF und zur Weltbank bilden. „Hat der amerikanische Blob“, fragt Hudson, „tatsächlich die Folgen des Nato-Krieges durchdacht?“ Der letzte Satz seines Beitrags lautet: „Und alles, was ich oben geschrieben habe, könnte bereits veraltet sein, da Russland und die USA in Atomalarm gegangen sind.“

Ein anderer Amerikaner warnt: Das Schachspiel ist tödlicher geworden

Einer, der die amerikanische Regierung vor deren Politik in und mit der Ukraine gegen Russland warnt, ist der Politiker, Verbraucherschützer und Rechtsanwalt Ralph Nader ebenfalls mit Datum 1. März. Er schreibt: „Das Schachspiel zwischen Russland und dem Westen ist durch Putins militärische Schritte, im Gefolge von sofortigen westlichen Sanktionen gegen einige russische Banken und Oligarchen, die Putin nahestehen, tödlicher geworden. Reiseverbote und das Einfrieren der Fertigstellung der zweiten großen Erdgasleitung von Russland nach Deutschland sind in Kraft, zusammen mit dem Versprechen einer viel strengeren wirtschaftlichen Vergeltung durch Biden. Diese Sanktionen können zu einer Einbahnstraße werden. Westeuropa braucht russisches Öl und Gas, russischen Weizen und wichtige russische Mineralien wie Lithium, Kobalt und Nickel. Sanktionen gegen Russland werden bald ein Bumerang in Form von höheren Öl- und Gaspreisen für Europäer und Amerikaner, mehr Inflation, sich verschlechternden Lieferketten und der gefürchteten ‚wirtschaftlichen Unsicherheit‘ sein, die die Aktienmärkte und die Verbraucherausgaben heimsucht.“

Ein Sicherheitsinteresse im Ukraine-Konflikt besteht für die USA nicht

Putin, der den Zusammenbruch der Sowjetunion nicht verwinden könne, so Nader weiter, habe wahrscheinlich imperiale Ambitionen im Hinterhof Russlands, Biden die Ambitionen des amerikanischen Imperiums in den Hinterhöfen vieler anderer Nationen geerbt und akzeptiert. Die Ereignisse hätten diesen Konflikt um die Ukraine in zwei dominante Egos – Putin und Biden – polarisiert, von denen keiner schwach erscheinen oder klein beigeben wolle. Der Konflikt stelle für die USA kein Sicherheitsinteresse dar. Dies sei für eine außer Kontrolle geratene Eskalation gefährlich, ähnlich wie in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Weder das Volk noch die Parlamente hätten damals eine Rolle gespielt. Heute scheine das ebenfalls der Fall zu sein.

„Pass auf das auf, was du nicht aufhalten kannst, Joe“

Für Nader bildet das Friedensabkommen von Minsk II, die von Deutschland, Frankreich und den Vereinten Nationen vermittelte Vereinbarung vom Februar 2015, auf die sich Russland und die Ukraine einigten, bevor sie aufgrund von Meinungsverschiedenheiten darüber, wer die ersten Schritte unternehmen sollte, auseinanderfielen, noch immer einen nützlichen Rahmen. An Joe Biden gerichtet schreibt Nader: „Pass auf das auf, was du nicht aufhalten kannst, Joe.“

USA und Russland wie zwei Skorpione in einer Flasche

Eingeleitet hatte Nader seine Warnung so: „Wenn zwei Skorpione in einer Flasche sind, verlieren sie beide. Dies ist die vermeidbare Gefahr, die täglich wächst, ohne dass ein Endspiel zwischen den beiden nuklearen Supermächten in Sicht ist, angeführt von Diktator Wladimir Putin und de facto Alleinentscheider Joe Biden.“ Nun „de facto“ ist Biden Alleinentscheider wegen der drei Machtkomplexe MIC, OGAM und FIRE sicher nicht, wohl aber „de lege“. Man muss wohl sagen „nur de lege“. Das nämlich reicht nicht. Faktisch läuft es anders.

PS.

Falls es nach dieser langen Lektüre ihre Zeit und Ihr Interesse noch zulassen, dann empfehle ich ergänzend auch diese drei Texte:

Die gängigen Konflikt-Narrative greifen zu kurz: Krieg in der Ukraine – cui bono? – Christian Paulwitz – eigentümlich frei (ef-magazin.de)

Wiederholung der 70er-Jahre-Strategie des Schach-Großmeisters Brzezinski: Biden scheint die russische Invasion in der Ukraine veranlasst zu haben, um die russische Wirtschaft zu ruinieren und einen Regimewechsel voranzutreiben

Die Wahnvorstellungen des Westens über diesen Krieg: Putin ist NICHT verrückt und die russische Invasion scheitert NICHT

Die ersten beiden erinnern an Zbigniew Brzeziński, der Ende der 1990er Jahre über die langfristige geopolitische Strategie der USA-Regierungen schrieb, eine Macht über den eurasischen Kontinent sei für die USA als Weltmacht die einzige Bedrohung. Daher gelte es, diese unter allen Umständen zu verhindern.

HINTERGRUND

■ CounterPunch: Michael Hudson – „America defeats Germany for the third time in a century“ Der Wirtschaftswissenschaftler Michael Hudson, Jahrgang 1939, ist Distinguished Research Professor an der University of Missouri–Kansas City, außerdem Finanzanalyst und Berater an der Wall Street sowie Präsident des Instituts für Langfristige Wirtschaftsentwicklung (Quelle Wikipedia). Hudson ist auch der Autor der beiden Bücher von Killing the Host und J is For Junk Economics.
■ CounterPunch: Ralph Nader – „Everyone loses in the conflict over Ukraine“ Ralph Nader, Jahrgang 1934, ist Rechtsanwalt, Verbraucherschützer, Politiker und Autor von Only the Super-Rich Can Save Us.

DER AUTOR

Klaus Peter Krause, Jahrgang 1936, Publizist und Autor, war von 1966 bis 2001 Wirtschaftsredakteur bei der „FAZ“. Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog des Autors und im ef-Magazin. Der Autor verweist noch auf zwei weitere Artikel zum gleichen Thema auf seinem Blog:
Eine Empörung mit triefender Scheinheiligkeit. Russland und die USA agieren politisch auf dem gleichen (niedrigen) moralischem Niveau (25. Februar 2022)
Nicht Putin suchte den Konflikt. Die Vorgeschichte in Stichworten, dargestellt von dem Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof (23. Februar 2022)

 

 

 

Zurück