Allen Freunden und Unterstützern des Vereins ein gutes Jahr 2021!

— Foto: Christian Kneip/Pixabay

Auf ein Neues!

„2020 war quasi ein ununterbrochener, zwölfmonatiger Aufruf an jeden einzelnen zur Bestimmung des inneren und äusseren Ortes, an dem und von dem aus man am wirkungsvollsten handeln und damit Dinge verändern kann.“

Von Monika Hausammann. — Dresden, 31. Dezember 2020

Gestern traf ich auf meiner Einkaufsrunde eine Kundin. Sie fragte mich, ob ich schöne Festtage verlebt hätte und ich antwortete ihr zu meinem eigenen Erstaunen, es sei das beste Weihnachten überhaupt gewesen. Meine Verwunderung galt indes nicht dem Umstand eines gelungenen Fests an sich – obwohl es das in aller Stille gewesen war –, sondern der Tatsache, dass ich das längst gewusst hatte ohne mir dessen bewusst zu sein und, mehr noch, dass selbiges für das ganze abgelaufene Jahr gilt.

In einem Gespräch soll sich einer mal beklagt haben, man fühle sich dieser Tage, als würde man auf einem beschissenen – pardon! – Vulkan leben, worauf der andere geantwortet haben soll: „Wo, wenn nicht dort, willst du denn leben in diesen Zeiten?“ Und genau darum geht es: um die eigene Position. Dies nicht im Sinn vabanquemässiger und opportunistischer Risikomaximierung um jeden Preis, nicht um ein politisches „Links“ oder „Rechts“, sondern im Sinn der Bestimmung des inneren und äusseren Ortes an dem und von dem aus man am wirkungsvollsten handeln und damit Dinge verändern kann. 2020 war quasi ein ununterbrochener, zwölfmonatiger Aufruf an jeden einzelnen zur Bestimmung dieses Ortes.

In meinem Fall war es in familiärer, beruflicher und – da beides zumindest teilweise dadurch bedingt – politischer Hinsicht eines der härtesten Jahre überhaupt. Aber eben gerade dadurch auch eines der besten. Die mit jeder Woche totalitärer klingenden Verheissungen politischer Gesundheits- und Glücksorganisatoren entpuppen sich immer deutlicher als die antihumanen Unterdrückungskonzepte, die sie sind und die uns weismachen wollen, das Leben sei etwas, auf dem man sitze, wie auf einem Kissen und das wiederum bedeute Glück. Was für eine zutiefst menschenverachtende Lüge! Leben als Mensch bedeutet wählen, entscheiden, handeln und dadurch innere und äussere Herausforderungen zu meistern. Jeden Tag, Monat für Monat, Jahr um Jahr im Wissen, dass dabei nicht nur die Kraft, sondern auch die Herausforderungen grösser werden. Wer will, dass der Mensch sitzt und stillhält, will nicht nur einen schwachen Menschen – er will im Grunde keinen Menschen.

Darauf wurden wir 2020 täglich und buchstäblich mit der Nase gestossen. Und das ist die grossartige Kehrseite der aktuellen Entwicklungen: dass sie einen drängt, die Frage danach ehrlich und verbindlich zu beantworten, wie man leben will und als was für eine Person, bevor man stirbt. Ist mir mein schieres Leben soviel wert, dass ich dafür krieche? Habe ich den Mut, anderen auch dann zu dienen, wenn es verboten ist, oder ziehe ich es vor, mich durch Unkenntnis oder Feigheit aus der Verantwortung und damit aus meinem eigenen Leben herauszureden? Wie aber kann ich mutig sein, wenn ich Angst habe?

Heute stelle ich fest, dass die Tatsache, zur wahrhaftigen Beantwortung dieser Fragen gedrängt worden zu sein, mir die grösste Freiheit überhaupt beschert. Jene nämlich, freiwillig und abseits politischer Diktate und gesellschaftlicher Umstände loyal, grosszügig und gewissenhaft zu handeln und damit zu dienen so gut ich es kann. Als Erlebender, Denkender und Glaubender. Ja auch das.

Ein Freund meinte vor kurzem, der Glaube an und der intellektuell-kindliche Rückbezug auf die ewigen Arme eines Gottes, der uns zuerst mit einer Liebe geliebt habe, die die Bibel als das Gegenteil von Furcht und Angst verstanden haben will, sei bloss das Krückenkonzept jener, die diesen Herausforderungen aus sich selbst heraus nicht gewachsen seien. Ich antwortete ihm, in meinem Fall sei das noch viel schlimmer: dieser Glaube und Rückbezug sei neben allen rationalen Gründe und am Ende aller Begründung der Grund, auf dem ich stehe, mein Halt jenseits jeder Haltung. Das Wissen und tägliche Erleben, dass, wo einer sein Ziel kennt, er mehr bewirken kann als Tausende, die es nicht tun; dass, wo einer das Letzte überwunden weiss, kein Platz ist für Furcht vor Vorletztem.

Oder um es sinngemäss mit Pascal zu sagen: Es ist herrlich, in wildem Wetter auf einem Schiff zu fahren, wenn man weiss, dass es nicht untergehen kann. In diesem Sinn: Danke von Herzen für die Herausforderungen auch hier, für den Streit, die Widerworte, die gemeinsame Suche nach Wahrheit. Und vor allem: Ein frohes und freies neues Jahr auf dem Vulkan.

AUTOR & QUELLE

Monika Hausammann, alias Frank Jordan, geboren 1974 in Bern, studierte nach einer kaufmännischen Lehre Betriebswirtschaft. Berufsbegleitende Weiterbildungen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Print-Journalismus folgten. Neben Studium und Schreibtätigkeit arbeitete sie als Kellnerin in einem Schweizer Skiort, als Gärtnerin und Haussitter, als Rezeptionistin in einem namhaften Pariser Hotel sowie als Malerin. Zuletzt war sie als freischaffende Kommunikations- und Mediaberaterin in der Schweiz tätig. Heute lebt Monika Hausammann als Putzfrau, Gärtnerin, Kolumnistin und Schriftstellerin in Frankreich. Kontakt: frank.jordan@bluewin.ch/ facebook: Monika Hausammann. Texte von Frank Jordan erscheinen exklusiv bei eigentümlich frei. Wir bedanken uns herzlich für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung des Artikels auf unserer Webseite. Wir haben die originale Schweizer Schreibweise beibehalten.

 

 

 

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