Erfahrungsbericht zum Zahlungsverkehr auf einem Online-Marktplatz

Barzahler haben auf dem Basar in Samarkand kein Problem. — Foto: Falco/Pixabay

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Als Zermürbungsstrategie empfindet der Autor Probleme beim Zahlungsverkehr auf dem Online-Marktplatz. Denn sollte es nicht das gute Recht eines jeden Menschen sein, gekaufte Waren vom eigenen Konto per Überweisung zu bezahlen?

Von Bert Wawrzinek. — Dresden, 23. Oktober 2021

Wenn ich richtig sehe, hat es eBay nunmehr fertiggebracht, innerhalb weniger Wochen zwei langjährige Bezahlsysteme in Gänze abzuschaffen. So können die Objekte der Begierde aktuell weder mit Überweisung noch per Lastschrift bezahlt werden. Ein paar Tage zuvor erst signalisierte der Kundendienst per Hotline warme Empathie, man sei doch ein soo treues Mitglied, von Anfang an dabei usw., genannte Schwierigkeiten aber wären das Problem von – Ratepay, dem Finanzdienstleister, der den Zahlungsverkehr technisch abwickelt. Kurz darauf ist die Katze aus dem Sack: Ohne Vorwarnung verzichtet der Konzern nun offenbar auf zahlreiche langjährige (und wohl auch ältere) Kunden, die sich jetzt noch zwischen Rückzug – oder Kreditkarten, PayPal bzw. Onlinebanking entscheiden können. Die Kaltschnäuzigkeit dabei ist bemerkenswert und beschreibt einen Stil, an den man sich auch anderswo schon hat gewöhnen müssen.

Nicht, daß die Herrschaften auf der Onlineplattform vorab etwas verlautbarten bzw. für nötig hielten, ihre geschätzten „Mitglieder“ zu informieren. Offenbar um eine mögliche Klageflut zu vermeiden, praktizierte man folgendes Procedere: Nach dem Kauf eines Artikels wird jede Transaktion gewöhnlich mit der Bezahlfunktion abgeschlossen, in meinem Fall seit Jahren per Lastschrift, so daß der Verkäufer die Ware auch stante pede versenden kann. Dies aber funktionierte plötzlich nicht mehr, man probierte immer und immer wieder, vertat Zeit, um beinah an sich selbst zu (ver)zweifeln. Tage danach dann alles wie gewohnt – welche Erleichterung! Das Szenario wiederholt sich, eine Achterbahn von Frustration und grotesker Dankbarkeit; zwischenzeitlich hatte sich auch intern die totgelegte Bezahlfunktion „Lastschrift“ in „Sofortüberweisung“ (Onlinebanking) verwandelt.

Nach mehreren Aufforderungen, die „ausstehende Zahlung“ endlich zu erledigen, blieb nur, den Verkäufer zerknirscht nach einer Bankverbindung zu fragen. Eine demütigende Erfahrung, denn eigentlich sucht man nach Fehlern doch immer bei sich selbst. Weist mein Konto etwa keine akzeptable Deckung auf, was mache ich falsch, warum bin gerade ich unfähig zu begreifen? Im Internet fanden sich hingegen zahlreiche Diskussionen, Statements von Schicksalsgenossen, die Ähnliches erlebt haben müssen. Vielleicht läßt sich hinter all der Quälerei eine infame Zermürbungsstrategie vermuten: Käufer zu verunsichern, zu entnerven, um sie letztlich zur Aufgabe, zur Resignation zu zwingen, sie gefügig zum – Umstieg? zu machen. Und dafür stößt man seine Kunden derart vor den Kopf? Sollte es nicht das gute Recht eines jeden Menschen sein, gekaufte Waren wie gewohnt vom eigenen Konto per Überweisung zu bezahlen?

Dabei könnte die zu erwartende Reaktion der so Ausgesperrten zu beträchtlichen Umsatzverlusten der Versteigerungsplattform bzw. zur Abwanderung zum Konkurrenten Amazon führen, denn dort funktioniert die Lastschrift (noch) allemal. Warum also das ganze Theater? Sind Kreditkarte und Onlinebanking ein weiterer Schritt zu Überwachung, Steuerung von Kunden und Optimierung von Bezahlsystemen? Vielleicht sind Überweisungen auch zu aufwendig und können von Maschinen, die ja die Arbeit von Menschen im Rahmen sogenannter Digitalisierung ersetzen sollen, nicht gut bzw. fehlerfrei umgesetzt werden? Wenn also der Geldautomat nebenan plötzlich nicht mehr richtig funktioniert, dann wieder ein paar Scheine ausspuckt, um schließlich eines Tages abgebaut zu werden; im Rundfunk die neue Studie zu den Vorteilen bargeldlosen Zahlungsverkehrs vorgestellt, und wenig später im GEZ-Fernsehen eine Meinungsumfrage unter jüngeren Bevölkerungsgruppen diskutiert wird, wonach diese mehrheitlich eine Beibehaltung von Bargeld für anachronistisch halten, dann wissen wir immerhin, was die Stunde geschlagen hat!

DER AUTOR

Bert Wawrzinek wurde 1959 in Leipzig geboren und lebt heute im Stolpener Land. Im ersten Leben Rockmusiker, betreibt er seit 30 Jahren das Historica Antiquariat im Dresdner Barockviertel und ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur sächsischen Geschichte und Kultur.

 

 

 

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