Impulse für ein korrektes Verständnis unseres Geldsystems

Beim Vortrag von Michael Stöcker (r.) — Foto: A. Deicke

Monetärer Hürdenlauf

Rückblick auf den Vortrag von Michael Stöcker

Aus unserer Redaktion. — Dresden, 9. August 2019

Zu einem Vortrag & Diskussion mit Michael Stöcker hatten wir am Donnerstag, 25. Juli 2019, geladen. Herr Stöcker hatte seinen „Monetären Hürdenlauf“ mit etwa 20 Minuten angekündigt. Daraus wurde mindestens eine Stunde hochinteressante und hochkomplexe Materie. Die vier größten Hürden für ein korrektes Verständnis unseres Geldsystems wurden erläutert: 1. Alchemie, 2. Dualismus, 3. Hierarchie, 4. Instabilität.

Im Folgenden geben wir einige Notizen von unserem Schatzmeister Andreas Deicke wieder, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben, aber einen unmittelbaren Eindruck des spannenden und aufklärerischen Abends geben:

Geldschöpfung der Zentralbanken wurde lange falsch gelehrt. Seit Anfang der 2000er Jahre wurden die Informationen in den Lehrbüchern korrigiert. Der Sparer stellt nicht seine Ersparnisse den Banken zur Verfügung, die es den Investoren bereitstellen. Mit den Krediten, die Banken ausgeben, wird neues Geld geschaffen, die neue Kaufkraft bringen.

Was ist Geld, warum ist das Geld-System so schwer zu verstehen? Krugman vs. Keynes.

Der Begriff Geld kommt von „gilt“, also das was ist. Oder abgeleitet aus dem englischen „guilt”, also einer Schuld. Die Bank gibt nur einen Schuldtitel aus.

Was war zuerst da? Die Ware oder das Schuldverhältnis? Zuerst war der Kredit. Konsumiert werden konnte sofort, später wurde gezahlt. Tausch mit Geld ist lediglich die Buchung von Forderungen. Das machen der Staat auf nationaler Ebene, auf privater Ebene die Banken. Der Staat ist die Bundesbank, denn dahin überweist man auch seine Steuern.

Eine Zentralbank ist nicht unbedingt erforderlich. Wenn alles richtig läuft, leihen und zahlen alle freundlich zurück. Geldströme sind nur Buchungen in der Buchhaltung.

Gold ist ein barbarisches Relikt. Goethe’s Faust: „Geld kommt aus Natur und Geisteskraft.“

Monetärer Dualismus – Geld ist privater Natur und gleichzeitig staatlicher Natur.

Direkter Zugriff des Staates auf die Zentralbank führt zum Zusammenbruch. 2008 war das Handeln, richtig die Banken zu retten, denn wenn es brennt, muss man sofort handeln, sonst hat es negative Auswirkung auf alle. Wenn ein Haus in der Stadt brennt, kann man auch nicht sagen „Pech gehabt“. Würde man nicht sofort löschen, kann das Feuer auf andere Häuser überspringen.

Die Zentralbank als Diener zweier Herrn. Sie dient sowohl dem Staat als der Privatwirtschaft. Yin-Yang. Zwei Geldkreisläufe, die voneinander getrennt sind.

Früher Gold als Reservestandard, ging aber nicht auf, deshalb kündigte der US-amerikanische Präsident Nixon 1971 den Goldstandard auf. 1973 wurden die Wechselkurse freigegeben, das Bretton-Woods-System brach zusammen. Seitdem ist der US-Dollar die Leitwährung, die mit hohen Militärausgaben geschützt wird.

Der Ursprung des Geldes liegt beim Staatskredit, Forderungen und Verbindlichkeiten lösen sich nie auf. Der Steuerzahler bürgt mit seinen zukünftigen Zahlungen. Das Kreditgeldsystem ist von Natur aus instabil. Stabilität erzeugt Instabilität, wie es der Wirtschaftswissenschaftler Hyman P. Minski erklärte. Das Minsky-Paradoxon wirkt so, als wenn alle von einer Seite des Bootes auf die andere Seite laufen und das Boot kentert. Überhöhte Kreditvergabe führt zu erhöhter Produktion.

Brauchen wir nun mehr privates Geld oder mehr Staat? Matthäus-Effekt in der Bibel. Geld sind umlauffähige Schulden! Was macht den Wert des Geldes aus?

Gold ist eine Illusion, aber sicher. Es braucht keine Rechtsordnung, daher barbarisch. Illusion im Sinne, dass es um die reale Wirtschaftsleistung geht. Also das Produkt oder die Dienstleistung. Was zu viel ist, ist nichts wert. Schuldkontrakte brauchen eine funktionierende Rechtsordnung.

Wenn Vertrauen im Interbankenmarkt (Kredit kommt von credo = glauben) weiterhin nicht besteht, leihen die Banken sich kein Geld.

Was ist Zentralbank-Geld? FIAT? Target-Salden werden erst zum Problem, wenn Währungsraum auseinander fällt. Es ist ja auch kein Problem, wenn Geld von Dresden nach Hamburg fließt. Target-Salden sind Devisen-Reserven, wurden früher in Dollar gehalten. Wurde der Dollar abgewertet, entstand ein Verlust, der Verlust kann als versteckte Kriegsfinanzierung gesehen werden. Deutschland hat 2014 letzte Kriegsschuld aus dem Ersten Weltkrieg zurückgezahlt.

Wenn Italien aus dem Euro austritt, fällt der Euro. Krall hat 2020 vorausgesagt, dabei unterschätzt er aber den politischen Willen, den Euro zu halten.

Maastricht-Kriterien waren eine Einigung auf eine simple Lösung, die Politik braucht Zahlen. Damals 7 bis 8 Prozent Zinsen auf Spareinlagen, niemand konnte sich Nullzins oder Negativzins vorstellen.

Bitcoin oder Libra? Die Symbole der so genannten Kryptowährungen enthalten Elemente, die vom Kerbholz bekannt sind, worauf früher die Schuldverhältnisse eingezeichnet wurden.

Libra ist die Währung, Calibra die Wallet (Geldbörse). Ziel ist eine weltumspannden Währung von Facebook und Partnern. Im Unterschied zu Bitcoin ist dieses System aber nicht dezentral, sondern zentral. Es wird eine Reserve an diversen staatlichen (Papier-)Währungen gehalten.

Macht ohne demokratische Legitimation. IWF Sonderziehungsrecht vgl. zu ECU.

Schulden müssen wieder auf ein verträgliches Maß reduziert werden, dem gegenüber Vermögen steht. Alle 7 x 7 Jahre = 49 wird erneuert – laut Bibel. Hinweis auf Buch von Adair Turner “Between Debt and Devil“.

Soweit einige Stichworte aus dem hochinteressanten Vortrag, der selbst für nicht gänzlich unbeleckte Hörer diverse überraschende Einsichten vermittelte. Wieder einmal wurde nur zu deutlich: Geld ist ein politisches Thema, es ist keinen Naturgesetzen unterworfen. Man kann angesichts der fiskalischen und monetären Naivität vieler unserer Mitbürger und der verbreiteten politischen Apathie nur wünschen, dass unser Referent Michael Stöcker bereit ist, in absehbarer Zeit seinen Vortrag zu wiederholen. Die der Sommerpause und der Wahlkampf-Hoch-Zeit geschuldete kleine Runde werden wir dann deutlich vergrößern. Denn was sagte das tapfere Schneiderlein, als es seinen Gürtel bestickte: „Das muß alle Welt erfahren!“

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