Regine Scheffer: Vortrag und Infos zur „Geschlechtergerechten“ Sprache

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„Gender“ – Ein neues Menschenbild

Regine Scheffer hielt beim Verein deutsche Sprache am 17. November 2022 einen Vortrag  »„Geschlechtergerechte“ Sprache: Die Mär von der natürlichen Sprachentwicklung«. Auf Anfrage hat sie eine Zusammenfassung verfaßt und für die weitergehende Beschäftigung eine Link- und Bücherliste zusammengestellt.

Von Regine Scheffer. — Dresden, November 2022

Die Strategie: Gender Mainstreaming

Eine Strategie (Gender Mainstreaming) wird – ausgehend von den Vereinten Nationen – seit Mitte der 90er Jahre mit dem erklärten Ziel, die Gleichberechtigung und Gleichstellung von Mann und Frau zu fördern, auch in Deutschland flächendeckend eingeführt.

Im Zuge dessen wird ein in der englischen Sprache ursprünglich eindeutiger Begriff (gender = biologisches/grammatikalisches Geschlecht) mit neuen Inhalten gefüllt (gender = das soziale Geschlecht, das von der Gesellschaft zugeschriebene Geschlecht, eines von unendlich vielen, jederzeit frei wählbaren, gefühlten Geschlechtern etc.). Mit diesem Konzept wird die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen in Frage gestellt und die sexuelle Vielfalt und Pluralität der Lebensformen propagiert.

Dadurch, dass der Begriff anfangs nicht ins Deutsche übersetzt wird, wird die deutsche Öffentlichkeit nicht nur über die genaue Bedeutung von „gender“ im Unklaren gelassen, sondern mit der Feststellung, es ginge um die Gleichstellung von Frau und Mann, über die Tragweite der politischen Maßnahmen hinweggetäuscht – ebenso wie darüber, dass es sich hierbei um ein neues Weltbild handelt: der Mensch als vielgeschlechtliches Wesen.

Das Ganze wird zudem als Wissenschaft deklariert (Gender Studies/Geschlechterforschung) und vom Staat großzügig finanziert. Im nächsten Schritt werden die daraus gewonnenen „wissenschaftlichen Erkenntnisse“ als Grundlage für die bundesweite Einführung von entsprechenden Aktionsplänen gegen Diskriminierung von LSBTTIQ+ [= Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Transsexuell, Transgender, Intersexuell, Queer usw.] und Lehrplänen zur Erziehung der Kinder zu sexueller Vielfalt, Beliebigkeit und Verwirrung (Sexualpädagogik der Vielfalt) sowie für die Durchsetzung eines neu erdachten Sprachgebrauchs (sog. geschlechtergerechte Sprache) herangezogen.

Das Mittel: Geschlechtergerechte Sprache

Um das neue Weltbild in der Gesellschaft zu verankern, wird die deutsche Sprachgemeinschaft systematisch von interessierter Seite – Ministerien, Behörden und Verwaltungen auf Bund-, Länder- und Kommunalebene, Hochschulen, Kirchen, Funk, Fernsehen und Presse, DUDEN – auf eine „geschlechtergerechte Schreibweise“ bzw. einen „gendersensiblen Sprachgebrauch“ eingeschworen und verpflichtet.

Die Anzahl der diesbezüglich von diesen Institutionen verfassten und für verbindlich erklärten Leitfäden hat springflutartig zugenommen. Den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung bildet die Praxis, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen akademisch ausgetüftelte Kreationen wie „Genderstern“ und „Binnen-I“ durch kurzes stimmliches Innehalten auch zu sprechen.

Gleichzeitig wird den Kritikern von sperrigen, grammatikalisch falschen und oftmals sinnentstellenden Wortgebilden mantraartig entgegengehalten, dass Sprache sich eben ändere, ohne zu erwähnen, dass es sich dabei um ein Konstrukt handelt, das seinen Ursprung in universitären feministischen Kreisen hat, aus denen heraus es schon seit langem politisch vorangetrieben und in der Gesellschaft verankert wird.

Hintergrundinformationen – Ausgewählte Lektüre

Politik

(2000) Barbara Stiegler: Wie Gender in den Mainstream kommt: Konzepte, Argumente und Praxisbeispiele zur EU-Strategie des Gender Mainstreaming, Bonn, 2000

[http://www.fes.de/fulltext/asfo/00802toc.htm]

(2006) Die Yogyakarta-Prinzipien. Prinzipien zur Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität. Inoffizielle Übersetzung der Yogyakarta Principles

[https://www.hirschfeld-eddy-stiftung.de/fileadmin/user_upload/schriftenreihe/Yogyakarta_Prinzipien._HES_Schriftenreihe_Bd_1.pdf]

(2020) Deutscher Bundestag – Wissenschaftliche Dienste. Sachstand: Rechtsverbindlichkeit der Verwendung der deutschen Rechtschreibung in Schulen und anderen Einrichtungen

[https://www.bundestag.de/resource/blob/691396/0fe6c9cce82af97036faec0bc3dcdf1c/WD-10-001-20-pdf-data.pdf]

(2021) Rat für deutsche Rechtschreibung Geschlechtergerechte Schreibung: Empfehlungen vom 26.03.2021

[https://www.rechtschreibrat.com/geschlechtergerechte-schreibung-empfehlungen-vom-26-03-2021/]

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJF)

(2005) Checkliste „Gender Mainstreaming bei Maßnahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“

[www.bmfsfj.de/blob/80444/c1e663fc5f035b18ef952cc2468de398/gender-mainstreaming-bei-massnahmen-der-presse-und-oeffentlichkeitsarbeit-data.pdf]

Arbeitshilfen zu § 2 GGO:

„Gender Mainstreaming bei der Vorbereitung von Rechtsvorschriften“ (geschlechterdifferenzierte Gesetzesfolgenabschätzung)

[https://www.bmfsfj.de/resource/blob/84252/d9bb5826ed03d83f68f1844c672dad11/gm-arbeitshilfe-gesetzesfolgenabschaetzung-data.pdf]

„Gender Mainstreaming im Berichtswesen“

[https://www.bmfsfj.de/resource/blob/80450/3412003d3b884cf7e7d1e22c329910a3/gm-arbeitshilfe-berichtswesen-data.pdf]

„Gender Mainstreaming in Forschungsvorhaben“

[https://www.bmfsfj.de/resource/blob/80448/292e691a5db4b14dc3d29e8636e9c89d/gm-arbeitshilfe-forschungsvorhaben-data.pdf]

(2022) Coming out als trans* oder transsexuell • Jung und intergeschlechtlich • Lesbische, schwule und bisexuelle Senior_innen • Leben ohne Familienunterstützung

[https://www.regenbogenportal.de]

Bundesumweltamt

(2021) Leitfaden für geschlechtergerechte Sprache

[https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/dokumente/leitfaden-fuer-geschlechtergerechte-sprache-umweltbundesamt_2021_bf.pdf]

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

(2001) BZgA: FORUM Nr. 4 - 2001 Sexualaufklärung und Familienplanung Gender Mainstreaming

[https://forum.sexualaufklaerung.de/index.php?id=460]:

Dorit Meyer Gender Mainstreaming - eine neue geschlechterpolitische Strategie
Uwe Sielert Gender Mainstreaming im Kontext einer Sexualpädagogik der Vielfalt

(2002) BZgA: FORUM Nr. 4. Sexualaufklärung und Familienplanung. Gleichgeschlechtliche Lebensweisen

[https://forum.sexualaufklaerung.de/archiv/2002/ausgabe-4/]

darin: Joachim Braun, Lela Lähnemann Homosexualität und Sexualpädagogik Uwe Christoph Behrens Difference Troubles – zum Abbau der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen im Bereich Bildung

(2003) BZgA: FORUM Nr. 4 - 2003 Sexualaufklärung und Familienplanung Sexualaufklärung im Kindergarten

[https://forum.sexualaufklaerung.de/index.php?id=453]

(2011) WHO-Regionalbüro für Europa und BZgA: Standards für die Sexualaufklärung in Europa. Rahmenkonzept für politische Entscheidungsträger, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsbehörden, Expertinnen und Experten, 2011, „Matrix“

[https://publikationen.sexualaufklaerung.de/ themen/who-kollaboration/standards-fuer-die-sexualaufklaerung-in-europa/]

(2015) BZgA: FORUM Nr. 1 - 2015 Sexualaufklärung und Familienplanung Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierungen

[https://forum.sexualaufklaerung.de/ausgaben-ab-2010/2015/ausgabe-1/]

(2017) BZgA: Dossier Geschlechtliche Vielfalt – trans*

[https://www.bpb.de/themen/gender-diversitaet/geschlechtliche-vielfalt-trans/]

(2018) BZgA: Debatte: Sprache und Geschlecht.

[https://www.bpb.de/gesellschaft/gender/geschlechtliche-vielfalt-trans/269887/debatte-sprache-und-geschlecht]

(2022) BZgA: Geschlechtergerechte Sprache

[https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/geschlechtergerechte-sprache-2022/]

Wissenschaft

(2015) Claire Ainsworth: Intersexualität: Die Neudefinition des Geschlechts zuerst erschienen unter dem Titel "Sex redefined" in Nature 518, S. 288-291, 2015

[www.spektrum.de/news/die-neudefinition-des-geschlechts/1335086?_druck=1]

Hochschule

(2014) AG Feministisch Sprachhandeln der Humboldt-Universität zu Berlin: Was tun? Sprachhandeln – aber wie? W_Ortungen statt Tatenlosigkeit!"

[http://feministisch-sprachhandeln.org/aktuell/]

Schule

(2013) Friedrich Ebert Stiftung: „... und das ist auch gut so!“ Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in der Schule. 22. Oktober 2013

[http://library.fes.de/pdf-files/dialog/10555.pdf]

(2013) Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). PraxisGo: Geschlecht und sexuelle Vielfalt – Praxishilfen für den Umgang mit Schulbüchern

[https://www.gew.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=25114&token=0d0285eea051ead0e517324549c9c250e1e2b fc3&sdownload=&n=PraxisGo_LSBTI_web.pdf]

(2015) Resolution des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD): Respekt in Bildung vermitteln

[https://www.lsvd.de/politik/bildung-u-bildungsplaene.html]

(2017) GEW Landesverband Baden-Württemberg: Handreichung für Pädagog_Innen. Lesbisch, schwul, trans, hetero ... Lebensweisen als Thema für die Schule.

[https://docplayer.org/71195411-Handreichung-fuer-paedagog_innen.html]

Kirchen

(2010) Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens: Confessio. Orientierung auf dem Markt der Religionen. Ausgabe 2/2010: Harald Lamprecht: Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen – aber wie? Christen im Streit um „Gender Mainstreaming“

[https://www.confessio.de/artikel/247]

(2015) Deutsche Bischofskonferenz: Geschlechtersensibel: Gender katholisch gelesen.

[https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2015/2015-187a-Flyer-Gender.pdf]

Recht/Rechtsprechung

(2011) Gender-Theorien am Bundesgerichtshof (von Christl R. Vonholdt)

[http://www.dijg.de/gender-mainstreaming/susanne-baer-bundesverfassungsgericht/]

(2016) Rechtsgutachten zur Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit der Erziehung von Schulkindern an öffentlichen Schulen in Schleswig-Holstein zur Akzeptanz sexueller Vielfalt (Prof. Dr. Christian Winterhoff)

[https://elternaktion.files.wordpress.com/2020/11/rechtsgutachten_sexuellevielfalt_winterhoff.pdf]

Bücher

Birgit Kelle: Noch normal? – Das lässt sich gendern!, Finanzbuch Verlag, 2020;

Birgit Kelle: GenderGaga – Wie eine absurde Ideologie unseren Alltag erobern will, adeo, 2015

Manfred Spieker: Gender-Mainstreaming in Deutschland. Konsequenzen für Staat, Gesellschaft und Kirchen, Ferdinand Schöningh, 2015

Tomas Kubelik: Genug gegendert! Eine Kritik der feministischen Sprache, Projekte Verlag Jena, 2015

Volker Zastrow: GENDER. Politische Geschlechtsumwandlung, Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, 2006, 3. Auflage 2010

DIE AUTORIN

Regine Scheffer ist Dipl.-Übersetzerin für Englisch und Französisch und lebt in Dresden. Wir danken herzlich für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Vereins wieder und werden hier als Diskussionsbeitrag veröffentlicht.

 

ANHANG

In diesem Zusammenhang sind auch Äußerungen des Vorsitzenden der Dresden-Riesaer Gruppe des Vereins Deutsche Sprache interessant:

Wir werden wahrscheinlich dahingehend übereinstimmen, dass Frau Scheffer in einer sehr klaren und eindrucksvollen Art und Weise, uns in die Hintergründe des Genderns eingeführt hat.

Zwischenzeitlich hat die Landesregierung in Thüringen zum ablehnenden Beschluss des Landtages, die Verwaltungen in Thüringen zu verpflichten, eine sogenannte gendersensible Sprachweise zu praktizieren reagiert. Aus der Reaktion ist zu entnehmen, dass man gar nicht daran denkt, mit der Bevormundung der Bürger aufzuhören.

Darüber hinaus haben in einem offenen Brief Wissenschaftler der Uni Erfurt den ablehnenden Beschluss des Landtages beklagt. Ich halte den gesamten Vorgang, insbesondere die Begründung der Wissenschaftler, warum sie sich gegen den Beschluss des Landtages wenden, für ungeheuerlich. Es zeigt, dass es in Deutschland mittlerweile Kräfte gibt, die über die Sprache eine andere Gesellschaft in Deutschland anstreben. Wir müssen weiter für unser Anliegen eintreten.

Aus einem Rundschreiben des Verein Deutsche Sprache e. V. (Bürger für die Erhaltung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt Europas) von Dipl.-Soz.Arb. Jörg-M. Bornemann, Regionalleiter 01, RG Dresden, vom 26. November 2022

 

 

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