Empfohlene
Bücher von A bis Z
Hier finden Sie – in alphabetischer Ordnung nach den Namen der Verfasser – Informationen zu Büchern, die uns wichtig sind und deren Lektüre wir empfehlen.
A
Hans Herbert von Arnim: Die Hebel der Macht: und wer sie bedient – Parteienherrschaft statt Volkssouveränität. Heyne Verlag (2017)
Warnsignal „Blitzgesetzgebung“
Von Gewaltenteilung kaum noch eine Spur
Von Hubert Milz
Der Autor des Buches, Hans Herbert von Arnim (HHvA), hat Volkswirtschaftslehre und Jura studiert, promovierte und habilitierte in der Rechtswissenschaft; HHvA ist emeritierter Rechtsprofessor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer.
In diesem Buch wird das Bild des Weges gezeichnet, welches die Bundesrepublik Deutschland trotz eines Grundgesetzes, welches zum Schutz vor Machtmissbrauch etliche „checks and balances“ vorsah, leider durch die parteipolitische Praxis hat gehen müssen und weiterhin noch geht.
Das vom Parlamentarischen Rat erarbeitete und 1949 erlassene „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ sollte – mit Blick auf „die deutsche Katastrophe“ (so ein Buchtitel von Friedrich Meinecke) von 1933 bis 1945 – Gewähr und Garant des Rechtsstaats sein.
Rechtsstaatlichkeit heißt seit den Tagen John Lockes, Immanuel Kants und Charles de Montesquieus, dass auch der Tugend Grenzen zu setzen sind. Die Idee der Gewaltenteilung ist so eine Grenze – so formulierte z. B. Kant in der Metaphysik der Sitten: „Also sind es drei verschiedene Gewalten (potestas legislatoria, executoria, iudiciaria), wodurch der Staat (civitas) seine Autonomie hat, d. i. sich selbst nach Freiheitsgesetzen bildet und erhält.“
Carlo Schmidt, einer der Väter des Grundgesetzes, warnte: „Wo auch immer die gesamte Staatsgewalt sich in den Händen eines Organes nur vereinigt, dieses Organ die Macht missbrauchen wird.“
Daher ist auch im Grundgesetz die Gewaltenteilung als Garant für den Rechtsstaat festgeschrieben worden:
Legislative = gesetzgebende Gewalt. Diese beschließt die Gesetze, welche als allgemeine Spielregeln gelten, denen jedermann unterworfen ist und durch die der Staat funktionieren soll. In den modernen Demokratien werden Parlamente und deren Abgeordnete als die Legislative bezeichnet.
Exekutive = ausführende Gewalt. Im Rahmen jener allgemeinen Spielregeln führt die Exekutive die Staatsgeschäfte (Verwaltung und Regierung); in modernen Staaten werden die Regierungen als Spitze der Exekutive angesehen.
Judikative = rechtsprechende Gewalt (Gerichte/Richter). Unabhängige Gerichte und Richter sollen die Einhaltung der allgemeinen Spielregeln gewährleisten, z. B. durch Sanktionen bei Fehlverhalten.
Die Normen des Grundgesetzes formulieren einen Sollzustand, einen Idealzustand, der in der Praxis der organisatorischen Gestaltung schon im Vorfeld Machtmissbrauch verhindern soll. D. h., dass in der politischen Praxis dieser Sollzustand umzusetzen und zu organisieren und mit Leben zu füllen war. Wie HHvA in diesem Buch anhand vieler Beispiele darlegt, haben es die Politiker der etablierten Parteien jedoch in fast sieben Jahrzehnten Bundesrepublik verstanden, jedwedes Hindernis, jede Hürde und jede Bastion zu umgehen, zu nehmen und zu schleifen, die den Parteien bei der Ausübung der Macht im Wege sind. Folglich ist der durch das Grundgesetz geforderte Sollzustand nur noch eine formale, eine leere Hülse. Die Praxis zeigt, dass die grundgesetzlichen Normen mehr oder weniger Leerformeln sind, bzw. so gut wie ins Gegenteil geformt worden sind; z. B. hat das Parteienkartell alle drei Staatsgewalten durchsetzt und hat in diesen die entscheidenden Hebel besetzt. Das Parteienkartell dominiert die drei Staatsgewalten – von Gewaltenteilung ist kaum noch eine Spur vorhanden.
Noch 1949 war es üblich, dass ein Parlamentarier im Bundes- oder Landtag seinen Dienst als Abgeordneter der Legislativen ehrenamtlich versah, also sich in erster Linie durch seine Arbeit in einem bürgerlichen Beruf ernähren musste. Aus dem Abgeordneten im Ehrenamt wurde schnell – durch die Kniffe und Schliche der Parteipolitiker – der Berufspolitiker: Der Abgeordnete lebt nun von seinem Salär als Parlamentarier.
Dies hat Folgen, denn der Parlamentarier wird und ist abhängig vom Job des Abgeordneten. Im System des Listenwahlrechts bedeutet dies, dass Abgeordnete vom Wohlwollen der Parteiführung abhängig sind; denn die Parteiführung verfügt über die Platzierung auf der Liste. Ergo, das System des proportionellen Listenwahlrechtes führt uns zu jener Partitokratie, in der die meisten Abgeordneten nicht mehr Volksvertreter sind, sondern zu Instrumenten der Parteifunktionäre geformt werden. Demnach verfügt die Parteiführung, welche auch als Regierung fungiert, wenn die Partei die Regierungspartei ist, über eine folgsame Legislative.
Die Parteiführungen halten also die Fäden der Exekutiven und der Legislativen in der Hand; die Legislative übt nicht die – gemäß Gewaltenteilung – erforderliche Kontrolle über die Exekutive aus. Für HHvA sind hier z. B. „Blitzgesetzgebung“ und parlamentarische Beratungen ohne Wortmeldungen deutliche Warnsignale; mehr noch, es sind m. E. eindeutige Indizien dafür, dass das Parteienkartell nur ein Theaterstück aufführt, welches man heißen könnte „Vorhang auf! Wir spielen Rechtsstaat und Demokratie!“
Wenn die Legislative als Kontrollorgan ausfällt, dann wird die Judikative umso wichtiger, um die Machtgier eines Parteienkartells zu stoppen oder zumindest zu hemmen. Doch leider sieht auch hier die politische Praxis anders aus. Auf die Bestellung zum Bundesrichter – egal, welchen Bundesgerichtshof man anschaut, auch das Bundesverfassungsgericht ist hiervon nicht ausgenommen – nehmen die Parteikader erheblichen Einfluss. Kurz und knapp, diese Gerichte werden nach Parteiräson besetzt. Missliche Urteile von Richtern werden als eine Art von „Majestätsbeleidigung empfunden“ (so formulierte dies einmal Prof. Macke, der Gründungspräsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts). Außerdem, disziplinarisch unterstehen die Richter nach dem seit 1879 geltenden Gerichtsverfassungsgesetzes dem zuständigen Fachminister. Dies gibt der Exekutiven, also der Parteiführung, viel an Spielraum. Wie HHvA an etlichen Beispielen zeigt, ist es jedoch inzwischen üblich, dass das Parteienkartell unpassende Gerichtsurteile einfach nicht zur Kenntnis nimmt.
Die Rolle der Wissenschaftler als beratende Experten, als Kommission für Gutachten usf. sieht HHvA nicht sonderlich glücklich. Auch die Wissenschaft schafft es nicht, öffentlichkeitswirksam eine Kontrollfunktion auszuüben, welche die Machtanmaßungen des Parteienkartells einzudämmen vermag. HHvA zeigt an eindrucksvollen Beispielen, wie das Parteienkartell bei wichtigen Entscheidungen und Problemen trickst, täuscht, die Wahrheit unterdrückt oder verbiegt. Expertenmeinungen und Gutachten, die nicht der Meinung der Parteikader entsprechen, werden einfach nicht zur Kenntnis genommen; oder die Parteikader geben der Einfachheit halber direkt Gefälligkeitsgutachten bei willfährigen Wissenschaftlern in Auftrag oder berufen „Gefälligkeitskommissionen“ ein. Der Öffentlichkeit wird einfach Sand in die Augen gestreut.
Der sog. kritische Journalismus erhält von HHvA ebenfalls keine guten Noten für die Rolle eines außerparlamentarischen Kontrollorgans. Vielmehr konstatiert HHvA eine allzu große Nähe der Presse zum Parteienkartell und zur Politik, und dies ist tödlich für den kritischen Journalisten – so HHvA. Dabei könnte der investigative Journalismus mittels Berichterstattung eine öffentliche Auseinandersetzung über die Machenschaften des Parteienkartells und seine Kumpanei anstoßen und entfachen. Mit seiner Kritik an den Medien steht HHvA wahrlich nicht alleine da. Der prominente US-Trendforscher Gerald Celente bezeichnet z. B. in seinem „Trends Journal“ die Medien als „Presstitutes“ (Presstituierte) – mitunter beschreibt er zu einzelnen Themen auch die jeweilige „Presstitute Parade“, die „staatstragend“ im Sinne des US-Parteienkartells berichtet hat. Doch auch Celentes Ausdruck ist so neu nicht; denn schon 1880 sagte John Swinton, dieser war jahrzehntelang Journalist und Hauptleitartikler für die New York Times gewesen, auf einem Festbankett, welches zu seinen Ehren gegeben wurde: „Bis zum heutigen Tag gibt es so etwas wie eine unabhängige Presse in der Weltgeschichte nicht. … Wir sind intellektuelle Prostituierte.“
Jedenfalls, eine öffentliche Kontrolle und Diskussion über das Gebaren des Parteienkartells wird unterbunden, findet auch nicht durch Wissenschaft und Presse öffentlichkeitswirksam statt. Das Volk, das angeblich nach Artikel 20 Grundgesetz der Souverän ist, von dem alle Macht ausgeht, verharrt in Ohnmacht – oder, wenn Menschen demonstrieren, auf die Straße gehen und nach Alternativen suchen, dann werden das Parteienkartell und Kumpanei diese Menschen plattzumachen suchen – die Menschen werden geschmäht, beleidigt, gepresst, gemobbt etc.
HHvA ist in der Wochenzeitung „Die Zeit“ am 2. Januar 1992 von Robert Leicht ehrenvoll als „Einmann-Instanz gegen die Parteien“ tituliert worden. Dieser Ehrentitel ist sicherlich sehr treffend; denn ich könnte kaum jemanden nennen, der mehr „Gesetze der Parteien-Geldgier“ und „Gesetze des Machtmissbrauchs der Parteien“ zu Fall gebracht hat als HHvA.
Auch in diesem Buch zieht die „Einmann-Instanz“ gegen das etablierte Parteienkartell zu Felde. HHvA legt trefflich – unterfüttert durch eine Vielzahl von praktischen Beispielen – dar, dass hinter der parlamentarischen Fassade die wahren Machthaber im Staat die Parteien sind. Das Parteienkartell handhabt die Macht in erster Linie zum eigenen Nutzen, zum eigenen Vorteil: Lukrative Posten und Geldquellen werden innerhalb des Parteienkartells verteilt. Parlament und demokratische Regierung sind nur die Fassade der Parteien-Allmacht – beim bundesdeutschen Parteienkartell von einer Art von Neo-Absolutismus zu sprechen, ist – so denke ich – nicht übertrieben.
Ich wünsche dem Buch eine große Verbreitung, eine große Aufmerksamkeit und eine riesige Anzahl an aufgeweckten Lesern.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
B
Roland Baader: Das Ende des Papiergeld-Zeitalters: Ein Brevier der Freiheit. Herausgegeben von Rahim Taghizadegan. Verlag Johannes Müller (2016)
Führer durch die „Waffenkammer“
Dem Freiheitsfreund zum ehrenden Gedenken
Von Hubert Milz
Dieses „Brevier der Freiheit“ zu Ehren und zum Gedenken an Roland Baader, dessen Herausgeber Rahim Taghizadegan ist, kann ich nur loben. Das Brevier ist ein würdiges Denkmal, welches hier für Roland Baader enthüllt worden ist. Dieses Brevier, welches in einer schönen Leinen-Ausgabe gestaltet worden ist, kann ich nur wärmstens empfehlen und allen Freunden der Freiheit ans Herz legen.
Rahim Taghizadegan hat das Brevier thematisch so gegliedert, wie Roland Baader vor sechzehn Jahren das von ihm selbst herausgegebene „Ludwig-von-Mises-Brevier“ gegliedert hatte. Rahim Taghizadegan ist es gelungen, eine wunderbare Zusammenstellung wichtiger, sprechender Textstellen aus dem umfangreichen Werk Roland Baaders vorzulegen.
Auch wenn die Stimme Roland Baaders vor vier Jahren verstummt ist, sein Werk ist und bleibt für alle Freunde der Freiheit eine Art „Waffenkammer“; so formulierte dies vor vier Jahren – als die Nachricht vom Tod Roland Baaders gemeldet worden war – mein Freund Thomas Dorenburg ergriffen und sichtlich bewegt. Das Brevier ist nun der Führer durch diese „Waffenkammer“! Und nicht nur das, das Brevier eignet sich außerdem hervorragend als Geschenk. Ein Geschenk für den Nachwuchs und als Geschenk an Suchende.
Kurz: Einfach ein großartiges Brevier!
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
Bruno Bandulet: Beuteland – Die systematische Plünderung Deutschlands seit 1945. Kopp Verlag, Rottenburg (2016).
Souveränität mit Schönheitsfehlern
Zwischen Versailler Vertrag und Feindstaatenklausel
Von Hubert Milz
Der Journalist, Verleger und Autor Dr. Bruno Bandulet untersucht die Politik der Siegermächte des II. Weltkrieges, insbesondere die Deutschlandpolitik der drei West-Alliierten und jene sich daraus ergebenden Folgen für die deutsche Bevölkerung vom Kriegsende bis in die Gegenwart. Mit der sogenannten „Stunde Null“ führt Bandulet in die Thematik ein. Der Autor legt dar, dass 8. und 9. Mai 1945 für die Deutschen nicht „Tage der Befreiung“ gewesen seien, sondern, dass die Alliierten einen Krieg geführt haben, um das Deutsche Reich vernichtend zu besiegen und im Anschluss sozusagen zur Plünderung freizugeben.
So wurden bis 1951 systematisch auch in Trizonesien (den drei West-Zonen) Industrieanlagen demontiert oder einfach nur zerstört; die deutschen Betriebsgeheimnisse ausspioniert, Patente und Erfindungen beschlagnahmt, Wissenschaftler und deren Know-how gekapert und nicht selten in die USA verfrachtet. Vorsichtig, aber auf Basis grundlegender Forschungsarbeiten (wie denen von John Gimbel) gut begründet, schätzt Bandulet, dass allein durch geraubtes wissenschaftlich-technisches Know-how ein Wissenstransfer in die USA erfolgte, der einem Anteil von rund 10 Prozent am amerikanischen Bruttoinlandsprodukt entsprach.
Neben der Beschlagnahme von Privateigentum im besetzten Deutschland wurden ebenso deutsche Auslandsvermögen eingezogen. Zwar sind Reparationen, die der Sieger einem bezwungenen Staat auferlegt, durch das Völkerrecht gedeckt; nicht jedoch die Enteignung und Konfiszierung privater Vermögen. Für Bandulet sind diese völkerrechtlich wenigstens unsauber, im eigentlichen Sinne also völkerrechtswidrig durchgeführt worden.
Trizonesien sollte nicht in Stalins Hände fallen
Doch mit dem Aufziehen des Ost-West-Konflikts änderte sich die Deutschlandpolitik der West-Alliierten. Trizonesien sollte vor allem nicht – bedingt durch eine ausplündernde und demütigende Besatzungspolitik – in Stalins Hände fallen. Durch die „Pariser Verträge“ (1954/55) erhielt die 1949 gegründete Bundesrepublik die Rechte eines souveränen Staates. Bandulet argumentiert, dass dem (durch alliierte Vorbehalte bei relevanten politischen Handlungsfeldern) nur eine Teil-Souveränität entsprach, oder – anders gesagt – eine Souveränität mit Schönheitsfehlern. Gleichwohl wurde Westdeutschland wiederbewaffnet und in die NATO aufgenommen. Auch mit dem 1990 im Zuge der Vereinigung mit der DDR durch den Zwei-Plus-Vier-Vertrag erlangten Status wurden Einschränkungen fortgeschrieben, die „Feindstaatenklauseln“ der UN-Charta wurden beibehalten, Deutschland ist weiterhin „Feindstaat“.
Trotz aller Widerstände, schaffte es Ludwig Erhard durch richtige Rahmenbedingungen in der Wirtschaftspolitik, die Weichen für das deutsche Wirtschaftswunder der 1950er Jahre zu stellen. Die Bundesrepublik wurde zahlungsfähig, so dass Wiedergutmachungen für die Schäden des II. Weltkriegs zu leisten waren – nicht nur an die früheren Kriegsgegner, sondern auch an ehemals verbündete Staaten ...
„... und die Deutschen unten zu halten.“
Bezüglich der Summen an gezahlten Reparationen kann sich Bandulet u. a. auf Niall Ferguson berufen. Der britische Historiker und Harvard-Professor hat sich der Mühe unterzogen, alle deutschen Zahlungen der letzten sieben Jahrzehnte, die man unter der Überschrift „Wiedergutmachung“ subsumieren kann, in eine Art von Gesamtbilanz zu gießen. Das Ergebnis zeigt, dass jene geleisteten Zahlungen ein Mehrfaches dessen betragen, was die Sieger des I. Weltkrieges im Versailler Vertrag dem Deutschen Reich einst an Reparationsleistungen abverlangt hatten.
Die westalliierte Deutschlandpolitik der letzten 70 Jahre entspricht, so der Autor weiter, jener Doktrin von Hastings Lionel Ismay, 1. Baron Ismay, 1952 bis 1957 erster Generalsekretär der NATO, deren Zielsetzung er wie folgt umriß: „Die Russen draußen, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten zu halten.“ An einer Vielzahl von Beispielen zeigt Bandulet, wie dies geschehen ist und weiterhin geschieht, so dass die deutsche Bevölkerung die Früchte ihrer Arbeit nicht genießen kann. Ein großer Teil der deutschen Wirtschaftsleistung wird abgezogen – durch vielfältige Maßnahmen, von denen das Instrumentarium, welches die sogenannte „Europäische Integration“ bereitstellt, besonders effektiv ist.
Nach dem Vermögen nur im Mittelfeld
Gemessen am durchschnittlichen Vermögen rangieren die Deutschen nur im europäischen Mittelfeld, müssten aufgrund ihrer Wirtschaftsleistung jedoch wohlhabender sein, als dies die Statistik im internationalen Vergleich widerspiegelt. Folgt man Bandulets Argumentation, ist ein von Joschka Fischer 1982 formuliertes Postulat seit 70 Jahren eingespielte Realität: „Deutschland ist ein Problem, weil die Deutschen fleißiger, disziplinierter und begabter als der Rest Europas (und der Welt) sind. Das wird immer wieder zu ,Ungleichgewichten’ führen. Dem kann aber gegengesteuert werden, indem so viel Geld wie nur möglich aus Deutschland herausgeleitet wird. Es ist vollkommen egal wofür, es kann auch radikal verschwendet werden – Hauptsache, die Deutschen haben es nicht. Schon ist die Welt gerettet.“
Fazit: Bandulet bietet dem interessierten Publikum eine faktenreiche Untersuchung, deren Fülle Respekt abnötigt. Erfrischend gegen den Zeitgeist gebürstet, wird der umfangreiche Stoff so zum spannenden Lesevergnügen.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
Julien Benda: Der Verrat der Intellektuellen. Mit einem Vorwort von Jean Améry. Carl Hanser Verlag, München (1978)
Gewissen eines Gemeinwesens
Intellektuelle in der Welt der immateriellen Güter
Von Hubert Milz
Dieser Essay von Julien Benda erschien im französischen Original erstmals 1927. Der Essay wurde vielfach neu aufgelegt und in etliche Sprachen übersetzt. 2013 erschien nochmals eine Ausgabe in deutscher Sprache beim Verlag André Thiele.
Für diese deutschsprachige Ausgabe des Hanser Verlags aus 1978, welche auch 1983 und 1988 im Fischer Verlag und 1986 ebenfalls im Ullstein Verlag erschienen ist, besorgte noch der 1978 verstorbene österreichische Schriftsteller Jean Améry das Vorwort. In diesem Vorwort weist Améry nachdrücklich daraufhin, dass Bendas Essay aus 1927 nichts von seiner Aktualität verloren habe. Amérys Vorwort ist auch heute – vierzig Jahre danach – weiterhin gültig, Bendas Essay aus 1927 ist gerade heute hochaktuell!
Die eigentlichen Aufgaben des Intellektuellen sind nach Benda die Ideale der Moral zu verbreiten und diese zu verteidigen, insbesondere gegen einen rüden Materialismus, der nur in billiger, schaler Bedürfnisbefriedigung sein Heil sucht und zu finden glaubt. Benda verlangte und erwartete also von den Intellektuellen, dass diese glaubhaft, überzeugend und beispielhaft so etwas wie eine „Nobilitas Naturalis“ und das Gewissen innerhalb eines Gemeinwesens sein sollen. Aufgabe des Intellektuellen ist es nicht die Welt zu verändern oder durch praktische Tätigkeit in der profanen Politik materielle Güter anzuhäufen. Das Heim des Intellektuellen ist die Welt der immateriellen Güter, auf diese habe er sich zu konzentrieren und/oder die reale Welt der materialistischen, profanen Politik kritisch zu durchleuchten. Nur dann, wenn die intellektuelle Klasse diese Aufgaben erfüllt, kann es für die Menschheit – so Benda – eine sichere kulturelle Weiterentwicklung geben.
Dieses „Soll“, was Benda als Ideal einfordert, haben die Intellektuellen – so Benda – Ende des 19. Jahrhunderts beiseitegeschoben und sich den alltäglichen, zügellosen Leidenschaften der Politik verschrieben. Und dies könne – so Bendas Befürchtung im Jahre 1927 – nur in einem Zeitalter des organisierten, politischen Hasses münden.
Nach Ende des II. Weltkriegs sah Benda seine Befürchtungen bestätigt. Die Intellektuellen hatten fürchterlichen Verrat geübt, indem sie nicht nur das grausamste Unrecht der totalitären Politiksysteme tolerierten, sondern die praktische Umsetzung eines solchen Unrechts auch noch tätig begleiteten, perfektionierten und forcierten.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
C
Gilbert Keith Chesterton: Eugenik und andere Übel. Suhrkamp Verlag (orig.1922, dt. 2014)
Mit „ungünstigen Eigenschaften“
Déjà-vu bei der Diskussion der Gentechnik
Von Hubert Milz
Gilbert Keith Chesterton (1874 – 1936) ist ein englischer Journalist und Schriftsteller von Format gewesen. Er ist nicht nur durch seine Father-Brown-Kriminalgeschichten populär geworden; aus einer Feder stammten auch Romane, Theaterstücke und Biographien, z. B. die Biographien über Thomas von Aquin und Franz von Assisi, die in einem Band in deutscher Übersetzung vorliegen. Doch insbesondere als Essayist leistete Chesterton hervorragende Arbeit; seine Essays sind geradezu Kristalle der rhetorischen Kraft, der stilistischen Mittel und der meisterlichen Sprachbeherrschung. Erinnert sei hier nur an die beiden überaus erfolgreichen und vielfach neu aufgelegten Essays „Heretics“ (1905) und „Orthodoxy“ (1908), die beide auch in deutscher Übersetzung vorliegen. Auch das 1922 erschienene Buch „Eugenics and Other Evils“ (erstmals 2014 in deutscher Sprache als „Eugenik und andere Übel“ erschienen) ist ein solcher Essay. Ein Essay, der leider etwas in Vergessenheit geraten war; ein Essay, der m. E. weiterhin genauso aktuell ist, wie der Essay „Orthodoxy“.
Zunächst ein wenig zum historischen Hintergrund der „Eugenik“. Als einer der Väter der Eugenik gilt der britische Anthropologe Sir Francis Galton. Galton prägte schon 1869 den Begriff „Eugenik“ (deutsch: „Erbgesundheitslehre“). Galtons berühmtestes Werk ist das Buch „Hereditary Genius“ (auf deutsch erschienen als „Genie und Vererbung“). Das Ziel Galtons und mit ihm einer Unzahl von Eugenikern bestand darin, dass mittels „guter Zucht“ die Erbanlagen der menschlichen Rasse zu verbessern sind.
Ab den 1880er Jahre wurde „Eugenik“ so richtig populär. Nicht nur Wissenschaftler der Medizin, Zoologie, Biologie usw. diskutierten zunehmend über theoretische und praktische eugenische Konzepte. Nein, die eugenischen Ideen hielten Einzug in die Debattierclubs der Intellektuellen – z. B. in den Zirkeln der klassisch-sozialdemokratischen Fabian Society; zudem publizierte eine Vielzahl einflussreicher Journalisten zur „Eugenik“, so dass das eugenische Denken in weiten Teilen der Öffentlichkeit Fuß fasste – Anhänger der Eugenik im angelsächsischen Raum sind z. B. Winston Churchill, Theodore Roosevelt, George Bernhard Shaw, Leland Stanford und Woodrow Wilson gewesen. Die Bewegung wurde derart populär, dass schließlich der britischen Politik (Unterhaus und Regierung) das Recht zuerkannt wurde, eugenische Gesetze zur Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik zu erlassen und durchzusetzen – Eugenik wurde ein Feld der Politik, des Gesetzgebers und der Gerichte. Dies war und ist ein eklatanter Bruch in der langen Periode des britischen Liberalismus gewesen.
Die eugenischen Konzepte – in Theorie und Praxis – und die britischen Eugenik-Gesetze sind das Thema Chestertons in diesem Buch. Mit scharfer Zunge und Feder nimmt Chesterton die grundlegenden Probleme des eugenischen Denkens aufs Korn. Meisterhaft jongliert Chesterton dabei mit den widersprüchlichen Argumenten der Eugeniker, zieht deren Anmaßungen, Irrationalitäten und Absurditäten mittels spitzer Formulierungen regelrecht durch den Kakao. Wenn das Thema nicht so traurig wäre, könnte man über die Art und Weise, wie Chesterton die Eugeniker
— die es doch nur ganz naiv gut mit den Menschen meinen,
— die einfältig und wissenschaftsgläubig sind;
— die ganz unbedarft und idealistisch daherkommen,
— die sehr raffiniert und spitzfindig argumentieren
— oder die, die die Ausstrahlung der wissenschaftlichen Arroganz verbreiten
auseinandernimmt sogar schmunzeln.
Alle diese Eugeniker wollen Menschen mit „ungünstigen Eigenschaften“ aus dem Verkehr ziehen, solche „ungünstigen“ Menschen dürfen sich nicht fortpflanzen; denn sie sind „krank“. Chesterton fragt nun, welcher Mensch die Kompetenz und das Wissen besitzt, um darüber entscheiden zu können, was „krank“, „ungünstig“ oder „anormal“ ist oder sein soll. Etwa die Dinge, welche die Eugenik-Empiriker regelmäßig aufzählen? Dinge wie andauernde Arbeitslosigkeit, Faulheit, Alkoholkonsum, Promiskuität, Religiosität und viele andere Punkte mehr?
Auf der moralischen Ebene ist die Eugenik für Chesterton – auch und gerade wegen ihrer vorgeblich wohlmeinenden Motive, die eigentlich böswillig sind – so etwas wie ein „Giftanschlag“, über den sich gemäß Chesterton nicht verhandeln lässt. Auf der politischen Schiene behandelt Chesterton die Frage, ob nicht gerade die Politiker, welche im britischen Parlament die eugenischen Gesetzte verabschiedet haben und die Durchsetzung dieser Gesetze in der Praxis vorantreiben, die wahre Gefahr darstellen, also im eigentlichen Sinne die Menschen mit den „ungünstigen Eigenschaften“ sind. Gerade die britischen Gesetze zur Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik würden nämlich – dies zeigt Chesterton unmissverständlich – dem Missbrauch in Sachen Eugenik Tür und Tor öffnen. Chesterton denkt die Eugenik bis zum bitteren Ende durch: Die logische Folge der Eugenik muss – konsequent zu Ende geführt – in der eugenischen Praxis in der Auslöschung millionenfachen Lebens münden.
Chestertons Analyse und seine Warnungen verhallten im damaligen Umfeld ungehört; eugenische Konzepte waren höchst populär und beherrschten den Zeitgeist. Ein Blick in die Auswürfe des „verdammten 20. Jahrhunderts“ zeigt, wie richtig Chesterton mit seinen Warnungen gelegen hatte. In vielen Ländern – z. B. in Kanada, der Schweiz, den skandinavischen Ländern oder den USA – wrden – wie in Großbritannien – Eugenik-Gesetze verabschiedet. In der Praxis folgten diesen Gesetzen dann regelmäßig Sterilisationsprogramme für „hochgradig lebensuntaugliche Individuen“ (Das sozialistische Ehepaar Alva Myrdal und Gunnar Myrdal, beide sind Nobelpreisträger, fabulierte in dieser Art und Weise, um im Schweden der 1930er Jahre die Eugenik voranzutreiben).
In Österreich z. B. schrieb 1924 der sozialistische Politiker und Arzt Julius Tandler: „Welchen Aufwand übrigens die Staaten für völlig lebensunwertes Leben leisten müssen, ist zum Beispiel daraus zu ersehen, daß die 30.000 Vollidioten Deutschlands diesem Staat zwei Milliarden Friedensmark kosten. Bei der Kenntnis solcher Zahlen gewinnt das Problem der Vernichtung lebensunwerten Lebens an Aktualität und Bedeutung. Gewiß, es sind ethische, es sind humanitäre oder fälschlich humanitäre Gründe, welche dagegen sprechen, aber schließlich und endlich wird auch die Idee, daß man lebensunwertes Leben opfern müsse, um lebenswertes zu erhalten, immer mehr und mehr ins Volksbewußtsein dringen.“ Tandler selber ging im Anschluss an den sozialistischen Februaraufstand von 1934 ins Exil, da seine Karriere als Sozialist und Jude im zunehmend antisemitischen Umfeld des austrofaschistischen Ständestaats erledigt gewesen war. [Kurzer Einschub. Trotz Tandlers Ansichten zum „völlig lebensunwerten Leben“ entblödet sich der Magistrat der Stadt Wien keineswegs und verleiht seit 1960 eine „Julius-Tandler-Medaille“ in drei Graden (Bronze, Silber, Gold), um Menschen zu würdigen und zu ehren, „die sich durch ihre uneigennützige und aufopfernde Tätigkeit um das Wohl der Mitmenschen besonders verdient gemacht haben“.]
Der „braune Totalitarismus“ in Deutschland trieb die Eugenik schließlich auf die logisch zwangsläufige Spitze: Nicht nur Sterilisierung war Praxis, sondern auch die Euthanasie, die millionenfache Tötung „unwerten Lebens“. Übrigens, die Rockefeller-Stiftung finanzierte eugenische Forschungen der deutschen braunen Sozialisten und auch die Carnegie-Stiftung unterstützte die Eugeniker noch 1939.
Die Biographien wurden nach Ende des II. Weltkriegs erfolgreich geschönt und umgeschrieben, so dass eine Auseinandersetzung mit dem Ungeist nicht stattfand – niemand mehr wollte Eugeniker gewesen sein. Seither ist zwar der Begriff „Eugenik“ negativ besetzt, doch die diesem Begriff zugrundeliegenden Theorien nicht, diese haben weiterhin viele Anhänger, welche ihre Ideen nun hinter harmlos klingenden und seriös scheinenden Floskeln verbergen.
Deshalb hatte ich beim Lesen dieses Essays „Eugenik und andere Übel“ ein Déjà-vu nach dem nächsten; denn viele Dinge, die derzeit im Rahmen der Gentechnik diskutiert werden, standen beim Lesen von Chestertons Essay unwillkürlich und unweigerlich vor Augen. Chestertons Essay ist ungemein aktuell. Der aufmerksame Leser braucht nur die damalige eugenische Phraseologie auszutauschen mit den heute gängigen, populären Floskeln im Rahmen gentechnischer Diskussionen und es wird klar, dass Chestertons Essay sehr aktuell erscheint.
Fazit: Der Essay ist klar als Lektüre zu empfehlen. Dem Leser liefert der Essay reichlich Munition, um dem – nach wie vor existierenden – eugenischen Ungeist trefflich begegnen zu können, auch wenn dieser Ungeist sich nicht weiter „Eugenik“ nennt, sondern hinter scheinbar unverfänglichen Begriffen getarnt daherkommt.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
F
Egon Flaig: Weltgeschichte der Sklaverei. C.H.Beck (3. Aufl. 2018)
Sklaverei bis zur Neuzeit
Gelungenes Werk mit „politisch inkorrekter“ These
Von Hubert Milz
Der Autor Egon Flaig war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Alte Geschichte – ab 1998 in Greifswald und ab 2008 in Rostock – gewesen. Mit diesem Taschenbuch zur „Weltgeschichte der Sklaverei“ hat Flaig eine recht gute Zusammenfassung der Sklaverei von der Antike bis zur Neuzeit vorgelegt. Flaig hat wichtige Arbeiten aus der Vielzahl der wissenschaftlichen Forschungsarbeiten zu diesem ziemlich komplexen Thema gut zusammengefasst und derartig in eine kurze und bündige Darstellung gegossen, so dass auch Nicht-Historiker dieses Buch mit Nutzen und auch mit Vergnügen lesen können.
Das Buch zu diesem komplexen und umfangreichem Thema ist mit Gliederung, Anmerkungen und einer ausgewählten Literaturübersicht nur 244 Seiten dick. Dies alleine schon stärkt meine Ansicht, dass Flaig mit diesem Buch nur eine Einführung – wie schon angemerkt, eine gelungene Einführung – in die Thematik der „Weltgeschichte der Sklaverei“ für interessierte Nicht-Historiker vorgelegt haben kann; denn schon eine relativ komplette Literaturliste zu dem Thema Sklaverei würde ein paar Hundert Seiten füllen.
Flaig untersucht nur
— die Sklaverei in den antiken Gesellschaften,
— den islamischen Sklavenhandel
und
— den transatlantischen Sklavenhandel; bei dem knappen Umfang des Buches ist diese Schwerpunktsetzung m. E. legitim und verständlich. Vorab liefert Flaig einige Definitionen zum methodischen Verständnis seiner Arbeit und zu seiner soziologischen Sicht auf die Sklaverei als Institution, die nur dauerhaft oder längerfristig von Bestand sein kann, wenn die Sklaverei gesellschaftlich akzeptiert wird. Flaig begreift die Geschichte der Sklaverei eben auch als Strukturgeschichte der jeweiligen Sklavenhaltungs-Gesellschaften.
Mit Hilfe dieses methodischen Ansatzes gelingt es Flaig zu zeigen, warum und weshalb im antiken Griechenland
— die attische Polis, die demokratisch-bürgerliche Variante der griechischen Staats-/Gesellschaftsformen, gerade wegen der Sklaverei solange Zeit stabil und funktionstüchtig gewesen ist;
— während in Sparta, das die andere, die militärisch-kriegerische Variante der griechischen Stadtstaaten stellte, das teure System der „öffentlichen Sklaven“ mitverantwortlich für den Niedergang Spartas gezeichnet hat.
Im antiken Griechenland sprach man (z. B. Aristoteles) von „Sklaven von Natur aus“, demzufolge war Sklavenhaltung etwas ganz Natürliches. Im antiken Rom, im römischen Imperium hingegen wurde Sklaverei juristisch begründet und abgesichert. Gerade die Teile des Buches, welche das römische System der Sklaverei behandeln, sind für mich die stärksten Abschnitte des Buches. Flaig arbeitet dort zwar knapp, aber trotzdem sehr fein, heraus, dass die hierarchische Struktur der römischen Sklavensystems entsprechende Rückkoppelungen auf die Struktur der römischen Gesellschaft nach sich zog. Dies auch schon dadurch, dass in dem römischen System ein Sklave mit guten Leistungen hervorragende Chancen hatte, um freigelassen zu werden. Und nicht nur das, es bestand sogar die Möglichkeit, dass solch ein Sklave zum römischen Bürger avancieren konnte. Beim Abschnitt des Sklavenhandels im Islam begibt sich Flaig auf ein – durch die hohen Priester der „political correctness“ – systematisch vermintes Gelände. Flaig konstatiert nämlich, dass das System der Sklaverei dem Islam inhärent ist; eine These, die heutzutage hochgradig „politisch inkorrekt“ ist. Die Hauptthese Flaigs kann wie folgt formuliert werden: Der Islam ist durch Koran und Scharia ein theokratisches Gemeinwesen, in welchem Religion und Politik nicht zu trennen sind. Die entscheidenden Normen im Koran und in der Scharia legitimieren, fordern und zwingen zur Versklavung der Ungläubigen. In drei kriegerischen Eroberungsschüben so Flaig – 635 bis 720 – 11. und 12. Jahrhundert – und ab dem 14. Jahrhundert lief die dritte Phase der kriegerischen Invasion des Islams – schufen sich die islamischen Herrscher riesige Reiche und Einflussgebiete, deren Ökonomie am Tropf des ständigen Nachschubs von Sklaven gehangen habe. Flaig schätzt, dass alleine Schwarzafrika vom 7. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts dem Islam gut 17 Millionen Sklaven geliefert hat.
Mit dem transatlantischen Sklavenhandel geht Flaig m. E. – trotz der Verschiffung von über 10 Millionen afrikanischen Sklaven nach Amerika – nicht so scharf ins Gericht, wie er dies mit dem islamischen Sklavenhandel macht. Die Besiedlung und Eroberung der „Neuen Welt“ führte in der Karibik, in Brasilien und in den Südstaaten der heutigen USA zur großräumiger Plantagenwirtschaft. Flaig zeigt, dass die Option für die Plantage gleichzeitig die Option für das Geschäftsmodell 'Sklavenhandel' gewesen ist. Ein Geschäftsmodell, an welchem viele partizipierten: Geschäftsleute aus Europa und den sklavenfreien nordamerikanischen Kolonien verdienten ebenso daran, wie die afrikanischen Zulieferer der Sklaven. Im Rahmen des nordamerikanischen Sklavenhandels (Südstaaten der heutigen USA) werden von Flaig auch die Rückkoppelungen auf die Strukturen der Gesellschaften in den nordamerikanischen Kolonien kurz gestreift. Für Flaig scheint es logisch zu sein, dass das abolitionistische Denken im Umfeld der protestantischen Religionsgemeinschaften zu entstehen hatte. Dass es schon von Seiten des Dominikanerordens (z. B. Bartolomé de Las Casas) von katholischer Seite seit Beginn der Kolonisation durch Columbus Widerstände und Vorbehalte, also eine Art von abolitionistischem Denken, gegen die Sklavenwirtschaft in der „Neuen Welt“ gegeben hat, wird von Flaig eigentlich ausgeblendet – den Zielkonflikt: Christliche Werte versus Sklaverei, der bestand schon im frühen 16. Jahrhundert. Dass das abolitionistische Denken schließlich in den USA und in ganz Amerika zur Sklavenemanzipation geführt hat und damit zur Ächtung der Sklaverei an und für sich, dies ist wohl unumstritten.
Fazit:
Das Buch ist, wenn man es als Zusammenfassung und als Überblick zur Geschichte der Sklaverei liest, ein gelungenes Werk. Mehr als eine solche Zusammenfassung, die natürlich auf vom Autor gesetzte Schwerpunkte beruht, kann ein solch kleines Taschenbuch auch nicht leisten. Wie weiter oben schon erwähnt: Flaig hat sich mit etlichen seiner Thesen, welche er in diesem Buch aufgefächert hat, auf durch die Jünger der „political correctness“ schwer vermintes Gebiet begeben. Seine Thesen zum europäischen Kolonialismus und insbesondere die Thesen zum Islam führten in Buchbesprechungen und -kommentaren der „politisch-korrekten“ Rezensenten der Führungsorgane der deutschen Medienwelt geradezu zu einem Entrüstungssturm. Flaig wurde dort unterstellt, dass er rassistisch sei und absolut unseriös gearbeitet habe. Sind diese Rezensenten im Recht? Nein!
Man lese doch bitte einmal nach, was von Scheik Muhammad Abduallah Nasr, einem Rechtsgelehrten der ägyptischen Al-Azhar-Universität (dies ist die älteste und prestigeträchtigste Institution des sunnitischen Islams), in etlichen Interviews zu derartigen Dingen gesagt worden ist – und man hat zu dem logischen Schluss zu gelangen, dass die Ausführungen des Scheiks die Ansichten Flaigs mehr als nur abstützen.
Oder man lese die Dokumente der „Organisation der Islamischen Kooperation“; dieser gehören 57 islamische Staaten an. Diese Organisation führt aus, dass gemäß Koran und Scharia für die Gläubigen die Versklavung der Ungläubigen ein Menschenrecht ist. Auch die Dokumente dieser Organisation stärken und stützen die Thesen Flaigs ungemein. Doch die Verfechter der „political correctness“ werden die Texte des Scheiks und der genannten Organisation nicht reflektieren, weil die Verfechter der „political correctness“ für alle Übel dieser Welt nur einen Schuldigen kennen – nämlich den Westen, besser gesagt: den „weißen Mann“.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
G
Carlos A. Gebauer: Rettet Europa vor der EU. Wie ein Traum an der Gier nach Macht zerbricht. FinanzBuch Verlag (2014)
Es ist an der Zeit aufzuwachen
Tiefschürfende Analyse: Gewaltenteilung fehlt
Von Hubert Milz
Carlos A. Gebauer unternimmt in diesem Buch eine tiefschürfende Analyse der EU, also die politisch-bürokratischen Strukturen der EU-Behörden rund um Brüssel & Konsorten stellen das ausgedehnte Feld der Analyse. Gebauer erzählt den Traum eines Europas, in welchem die Völker friedlich zusammen leben und miteinander kooperieren. Dieser Traum ist in der Folge zweier verheerender Weltkriege entstanden. Diese Kriege haben hauptsächlich auf dem Schlachtfeld Europa stattgefunden und das alte Europa zerstört. Gebauer schildert dann ausgezeichnet, wie jener Traum eines friedlichen Europas durch Machtpolitiker missbraucht wurde und wird. Politiker, die im Grunde nur ihre eigenen machtgierigen Partikularinteressen verfolgen und denen die Menschen Europas mit ihren Nöten und Sorgen – hart formuliert – piep-egal sind.
Als ein Jurist, der feinfühlig rechtsstaatlich denkt, führt Gebauer vor, dass den politisch-institutionellen Strukturen der EU keinesfalls die Ehre gebührt als „freiheitlich“ eingeordnet zu werden – eher ist geradezu das Gegenteil der Fall. Die Institutionen der EU sind keinesfalls rechtsstaatlich, eine „Balance of Power“ ist nirgendwo in Sicht, das wichtigste Kristall des Rechtsstaates, nämlich eine tatsächliche „Gewaltenteilung“ in „Exekutive, Legislative und Judikaitve“, ist im Rahmen der EU-Institutionen völlig unbekannt. Die EU-Institutionen feiern vielmehr eine Dauerfete der exekutiven Gewalt: Die Gesetzgebung ist reine Exekutive via EU-Kommission! Wo ist die legislative Kontrolle? – Nicht vorhanden, Parlamente dürfen darüber sprechen und die Vorgaben der EU „alternativlos“ durchwinken! Wo ist die judikative Kontrolle? – Nicht vorhanden, der Europäische Gerichtshof hat bisher nie ein Nein zu kollektiven Rechtsbrüchen der EU-Exekutive gesprochen.
Gebauer übersetzt als Jurist die absichtlich verwirrende Sprache der europäischen Verträge in die für jedermann verständliche Umgangssprache, z. B. zeigt er am „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV“, dass dieser mit dem Art. 352 den Exekutivorganen der EU weitreichende Spielräume gewährt; Spielräume, die eigentlich nur als eine Art von Ermächtigungsgesetz zu brandmarken sind.
Gebauers Interpretation von „Biedermann und die Brandstifter“ (im Anhang des Buches zu finden) – ein Drama von Max Frisch – ist eine gelungene Darstellung der schlafmützigen Biedermänner in Europa, die sich ohne Gegenwehr den skrupellosen europäischen Brandstiftern (EU-Kommission etc.) ausgeliefert haben. Aber noch ist es Zeit aufzuwachen.
Es ist zu hoffen, dass das Buch eine Vielzahl von Lesern findet, um so dazu beizutragen, dass die Menschen (= die eigentlichen Europäer) aus der Gleichgültigkeit erwachen. Der Fatalismus ist abzuschütteln, stattdessen ist wehrhaft gegen die „Brandstifter“ anzutreten.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
H
Gerd Habermann: Freiheit oder Knechtschaft? Ein Handlexikon für liberale Streiter. Olzog, München (2011)
Kampf um die Deutungshoheit
Lehrreiches Lesevergnügen für Freunde der Freiheit
Von der Redaktion zusammengestellt
Aus dem Verlagstext: Die Freunde der Freiheit sind in die Defensive geraten. Etatismus, Kollektivismus, Fiskalismus und Gleichmacherei bedrohen von allen Seiten private Freiheitsräume und Eigentum – dies vermehrt im Zeichen der politikverursachten Staatschulden und einer Euro-Krise, die angesichts der verfehlten Art ihrer Bekämpfung täglich an Dramatik gewinnt.
Die kommenden Jahre werden die alte Frage: „Freiheit oder Knechtschaft?“ in elementarer Weise neu stellen. Dieses „Handlexikon“ soll den vielen Desorientierten – auch unter den Liberalen – die geistigen Waffen geben, die sie ermutigen und befähigen, den Kampf um die Deutungshoheit der Theorie des Liberalismus aufzunehmen. Es zielt namentlich auf die Begriffsverwirrungen und die vernebelnden Euphemismen, die es schwer machen zu erkennen, worum es im Kern der Sache geht.
Die über 400 Einträge beschäftigen sich sowohl mit den sozial- und finanzpolitischen Details als auch mit den großen Fragen der Freiheit, des Wettbewerbs und der Subsidiarität. Überdies weisen einige Einträge auf die Denker oder Politiker hin, die in diesem Kampf geistige Orientierung (oder auch Desorientierung und falschen Rat) geben. Ein lehrreiches Lesevergnügen für alle Freunde der Freiheit.
Freiheitsfreunde im deutschsprachigen Raum, nehmt diese Herausforderung mutig an – ihr habt alle guten Argumente auf eurer Seite
AUSZÜGE AUS REZENSIONEN
Sahnestückchen im Bücherregal!
Habermanns Handelexikon für liberale Streiter sollte in keiner Bibliothek fehlen, soweit der Besitzer Wert auf eigenständiges, freiheitliches Denken legt.
Liberale Gedankenwelt anschaulich vermittelt
Man kenn es am Stück lesen, als Nachschlagewerk verwenden oder beides.
Standardwerk für Liberale und die, die es gern wären
Tolles Werk zum Nachschlagen wichtiger Punkte in vielen Streitthemen der aktuellen gesellschaftlichen Lage.
Gerd Habermann: Der Wohlfahrtsstaat: Ende einer Illusion. 4. akt. Neuausgabe, FinanzBuch Verlag, München (2013)
Wohlfahrtsstaat als Euphemismus
Die Illusion, auf Kosten anderer leben zu können
Von der Redaktion zusammengestellt
Aus dem Verlagstext: Das Ende der Bequemlichkeit. Der Wohlfahrtsstaat ist Freund und Feind zugleich. Für die einen ist er unverzichtbare Errungenschaft einer sozialen Gesellschaft. Für die anderen bedeutet er ein Korsett, das die individuelle Freiheit beschneidet. Gerd Habermann zeigt in der wohl gründlichsten Auseinandersetzung mit den Ideen dieses gesellschaftlichen Gebildes, was sich wirklich hinter diesem Konstrukt verbirgt und warum die Bezeichnung Wohlfahrtsstaat ein Euphemismus ist.
Die Illusion, dass Teile der Bevölkerung beliebig lange auf Kosten aller anderen leben können, lässt sich nicht aufrechterhalten, denn der Wohlfahrtsstaat zerstört die ökonomische, moralische und biologische Substanz, von der er lebt. Habermann legt die Zwangsstrukturen offen, die mit dem Bedürfnis nach individueller Entscheidungsfreiheit der Bürger kollidieren. In einem großen historischen Bogen beschreibt Habermann die Blaupause des Wohlfahrtsstaates, den »Polizeystaat« des 18. Jahrhunderts, dessen zwischenzeitlichen Niedergang und neuerlichen Siegeszug im 20. Jahrhundert.
Außerdem wirft er einen Blick in die Zukunft des Wohlfahrtsstaates unter Berücksichtigung der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Habermanns Klassiker der Wohlfahrtsstaatskritik erscheint nun in dritter, überarbeiteter und aktualisierter Auflage.
AUSZÜGE AUS REZENSIONEN
Fundgrube!
Selbst ein konsequenter Liberaler, hält Habermann sich mit eigenen Urteilen zurück und lässt lieber seine Gesinnungsgenossen sprechen, von den Kritikern des „aufgeklärten Absolutismus“ bis zu den „Neoliberalen“ nach dem Zweiten Weltkrieg.
Leider die Wahrheit
Das Ende der Illusion der ständigen Alimentierung von allem und jedem sollte zur Pflichtlektüre in jeder höher bildenden Schule gemacht werden.
Wohlfahrtsstaatskritik durch die liberale Brille – auf hohem Niveau
Mit großem Selbstbewusstsein offeriert Habermann dabei die Vorzüge freiheitlicher Ideale und wirbt für Ihre Umsetzung.
Friedrich August von Hayek: Der Weg zur Knechtschaft. Olzog (2017)
Ein Jahrhundertbuch neu gelesen
Warnung vor Beschneidung individueller Freiheit
Von Hubert Milz
F. A. v. Hayek widmete sein Buch den „Sozialisten in allen Parteien“; und dies nicht ohne Grund. An vielen Beispielen, Details und vor allem anhand der – schon damaligen Unzahl – Publikationen von intellektueller Seite zeigt Hayek, dass die Freiheit des Einzelnen in den 1940er Jahren auch und gerade in England, dem Mutterland der liberalen Ideen, ungeheuer bedroht war. Als Gentleman gestand Hayek seinem Gegenpart – ob praktischem Politiker oder publizistisch tätigem Geistesarbeiter – immer den intellektuellen Irrtum zu. Dass diese Personen es „gut meinten“, war – so glaube ich – für Hayek keine Frage.
Hayek zeigt in diesem Buch, wie sich die Geisteslage damals auch in England langsam, sozusagen scheibchenweise, insbesondere in den Jahren zwischen den Weltkriegen, änderte, dass auch in England der 1930er und 1940er Jahre Positionen – praktisch wie theoretisch – hoffähig wurden, die auf dem Kontinent (Deutschland und Russland) zu den verheerenden totalitären Revolutionen geführt hatten und unbeschreibliches Leid über Millionen von Menschen brachten.
Hayek zeigt dies z. B. an der langsamen Aushöhlung der sog. Gewaltenteilung, der langsamen, aber stetigen Aushöhlung der materiellen Rechtstitel durch Gesetze (Recht ist älter als Gesetzgebung) usf. Diese Prozesse hatten in allen politischen und gesellschaftlichen Gruppierungen ihre einflussreichen Befürworter. Durch die Einschränkungen der Freiheitsgrade als Folge des Kampfes gegen die braunen Sozialisten waren die Briten inzwischen an Mehr-Staat gewöhnt. Hayek warnte fundamental vor den Gefahren solcher Mechanismen, welche die Umsetzung weiterer Beschneidungen individueller Freiheitsgrade bringen musste.
Das Buch hatte damals enormen Erfolg, wahrscheinlich auch durch die Kurzfassung im Readers Digest, so dass das Buch doch sehr viele Menschen aufrüttelte und sensibilisierte. So wurde damals die Gefahr eines sozialistischen Europas abgewendet – ich denke, dass man hier das Verdienst Hayeks nicht hoch genug ansetzen kann.
Hayeks Bestseller heute neu gelesen und ins Heute transformiert – was sagt mir dann Hayeks Buch? Mein Empfinden ist, dass heutzutage die Gefahr, dass Europa zu neuen totalitären Experimenten tendiert, größer ist als je zuvor, denn wie Hayek anmerkte, werden Notfälle und Krisen immer als Vorwand genutzt, um die individuelle Freiheit einzuschränken.
So geschieht dies auch heutzutage. Politiker wie Herr Dr. Schäuble plädieren mehr oder weniger offen für eine Abschaffung der Gewaltenteilung, und damit auch der Liberal-Demokratie, wie wir diese seit Ende des Zweiten Weltkrieges kennen.
Solche Politiker wie Schäuble und Konsorten möchten die jetzigen Krisen (Euro-Krise, Finanzkrise, Schuldenkrise) nutzen, um auf europäischer Ebene Institutionen durchzusetzen, die von keinem Parlament, von keinem Gericht und von keinem Wähler zu kontrollieren sind. Dies sind Institutionen wie der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) oder der sog. Fiskalpakt. Über die Aktivitäten des ESM entscheidet schließlich und ausschließlich ein vollkommen unter Immunität stehender Gouverneursrat (= die Finanzminister), das Herzstück des Parlamentarismus – das Budget- und Haushaltsrecht – existiert dann nicht mehr. Und beim Fiskalpakt entscheidet die Europäische Kommission.
Damit dies alles noch den Deckmantel „Demokratie“ beibehält, ist es z. B. dem EU-Parlament wenigstens noch gestattet, beim Fiskalpakt zu diskutieren – zu diskutieren, irgendwelche Entscheidungen kann dieses Parlament nicht treffen. Die Formulierungen aus Politik und aus den EU-Gremien, die durch die Massenmedien bereitwillig übernommen und verbreitet werden, kann ich nur als Orwellsches Neusprech verorten.
Es gibt noch eine Vielzahl anderer Gefahrenmomente, wo an Beispielen (z. B. der EU-Energiepolitik) gezeigt werden kann, dass die EU schon sehr weit fortgeschritten ist auf dem Weg in eine neue Diktatur.
Fazit: Friedrich August von Hayeks Buch „Der Weg zur Knechtschaft“ ist – in das Heute übertragen – so aktuell und brisant wie 1944!
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
Klaus Hornung: Der faszinierende Irrtum. Karl Marx und die Folgen. Herder, Freiburg (1979)
Marxismus mündet in Unfreiheit
Sowjetsystem auf einer Stufe mit dem Faschismus
Von Hubert Milz
Der Autor (Jahrgang 1927) studierte Geschichte, Politik, Anglistik und Germanistik, er promovierte bei dem nach 1945 aus der Emigration zurückgekehrten Historiker Hans Rothfels und habilitierte bei dem Politikwissenschaftler Wilhelm Hennis. Hornung wurde Professor für Politikwissenschaft, zunächst an der Hochschule Reutlingen und danach – bis zur Emeritierung – an der Universität Hohenheim.
Dieses Buch ist m. E. eine der wichtigsten Publikationen des Autors. Die Motivation zu dieser Schrift wurde aus der Studentenbewegung der 1960er Jahre gespeist. Die Protagonisten jener Bewegung waren ungewöhnlich fasziniert von Karl Marx und seinen Lehren. Hornungs Publikation ist eine unmittelbare Reaktion auf die Erfahrungen mit den studentischen Gruppen, die vom Marxismus fasziniert waren und sich diesem gläubig unterwarfen.
Hornungs historische und theoretische Analyse zeigt, dass der Marxismus keineswegs die Befreiung des Menschen – von was auch immer – bringt, sondern der Versuch den Marxismus real umzusetzen mündet unausweichlich in Unfreiheit und Diktatur. Eine Erfahrung, die auch etliche Exil-Kommunisten und Exil-Sozialisten, die in Moskau vor Mussolini oder Hitler Schutz suchten, zu machen hatten. Etliche dieser Exilanten fielen Stalins Säuberungen zum Opfer, so dass Ignazio Silone – auf den sich Hornung als unmittelbaren Zeitzeugen beruft – Stalin und dessen Sowjetsystem folgerichtig auf eine Stufe mit dem Faschismus stellte.
Auch in dieser Schrift zum Thema Totalitarismus zeigt Hornung, dass das Sowjetsystem, das System des real existierenden Sozialismus ein totalitäres System ist; gleichgültig, ob zwischen Stalinismus oder Marxismus-Leninismus differenziert wird. Folglich ist es nicht überraschend, dass Hornung das Sowjetsystem und den Nationalsozialismus unter dem Begriff totalitäre Systeme bündelt – Systeme, die eindeutig abzulehnen sind.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
J
Anthony de Jasay: Liberalismus neu gefaßt. Für eine entpolitisierte Gesellschaft. Propyläen Verlag (1995)
Eine Handvoll Markierungspunkte
Prinzipien eines „strikten Liberalismus“
Von Hubert Milz
Anthony de Jasay (1925 – 2019) hat das Buch in sechs Kapitel gegliedert. In diesen sechs Kapiteln zeigt er so etwas wie eine Handvoll von Markierungspunkten, die dem Liberalen eine Art Kompass zur Verfügung stellen soll. Dieser Kompass soll durch das Sprachgewirr leiten, welches mit dem Wort „Liberalismus“ Missbrauch treibt.
Das Buch räumt auf mit der Beliebigkeit der Begriffe, dem unbestimmten Gleichgültigem des „Liberalen“. De Jasay entwickelt konsequent und auf hohem Niveau die Prinzipien eines „strikten Liberalismus“.
Eine sehr anspruchsvolle Lektüre, de Jasay macht es einem als Leser nicht leicht. Das Buch muss man sozusagen „Kauen“, einfach ex und hopp – wie bei einem Drink, das geht mit diesem Buch sicher nicht.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
K
Markus C. Kerber: Die Draghi-Krise: Wie die Europäische Union plant und Deutschland bezahlt. FinanzBuch Verlag (2018)
Ein Aufruf zur Revolte
Gekonnt gewürzte Argumentationsketten
Von Hubert Milz
Markus C. Kerber (MCK) ist promovierter Jurist und habilitierter Wirtschaftswissenschaftler, an der TU Berlin lehrt MCK als Professor für Wirtschaftspolitik und Finanzwissenschaft; bekannt ist MCK als Gastkommentator, z. B. im Handelsblatt und auf Tichys Einblick; außerdem war MCK einer der Kläger gegen den EU-Rettungsschirm und gegen die Wertpapierkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) vor dem Bundesverfassungsgericht.
Aufregende Neuigkeiten oder Informationen aus dem inneren Kreis um Draghi findet man nicht im Buch; mit Informanten aus dem Innern des EZB-Hauptquartiers wartet MCK nicht auf. Stattdessen analysiert MCK die Politik des EZB-Chefs Mario Draghi anhand der jedermann zugänglichen Daten und Fakten. Dieses Sezieren der aktuellen Politik Draghis durch MCK ist ein Lesevergnügen; denn seine sehr guten Argumente trägt MCK mittels brillant geschliffener, scharf gewürzter Formulierungen vor. Derart zieht MCK alle Register seines rhetorischen Könnens und zeichnet die italienische Finanzmisere als das, was diese ist, nämlich auch ein Teil des Erbes, dass Draghi, der ehemalige Gouverneur der Banca d’Italia, seinen italienischen Landsleuten hinterlassen hat. Drahgi schützt die italienische Finanzelite vor den Folgen eines Finanzgebarens, welches Gouverneur Draghi mit befeuert hatte.
Der längst fällige italienische Offenbarungseid soll durch Draghis EZ-Politik vermieden werden. Die Kosten des Scherbenhaufens des italienischen Finanzsystems sind der Eurozone aufzuladen – letztlich den bisher begeistert zahlungswilligen deutschen Politikern, welche die deutschen Sparer offenbar sehr gerne bluten lassen. Zum Ende des Buches ruft MCK die deutschen Bürger mehr oder weniger zur Revolte gegen Draghi und das Weiterwursteln der deutschen Euro-Politik auf.
Das Buch zu lesen war alleine schon durch die brillante Rhetorik und die gekonnt gewürzten Argumentationsketten ein ausgesprochenes Vergnügen. Die exzellente Abrechnung durch MCK mit dem Draghi-System der Eigentumsvernichtung liefert darüber hinaus auch hilfreiche Argumente gegen diese von der deutschen politischen Führung „alternativlos“ mitgetragenen EZB-Politik.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
L
Michael Ladwig: Ludwig von Mises – Ein Lexikon: Von A wie Anarchismus bis Z wie Zwang. FinanzBuch Verlag (2016)
Der letzte Ritter des Liberalismus
Mises-Lexikon: Einstiegslektüre und Handbuch
Von Hubert Milz
Eine bemerkenswerte Leistung hat Michael Ladwig mit der Zusammenstellung dieses Ludwig-Mises-Lexikons vollbracht.
Wer war Ludwig von Mises? Ludwig von Mises wurde 1881 in Lemberg geboren und verstarb 1973 in New York. Mises studierte in Wien, arbeitete für die Wiener Handelskammer, hatte eine Professur in Genf, musste vor den „braunen Sozialisten“ in die USA fliehen und erhielt dort eine privat gestiftete Gast-Professur. Mises ist einer der wichtigsten Theoretiker der sog. „Wiener Schule der Volkswirtschaftslehre“. Mises zählt für viele – und ich denke zu recht – zu den größten Ökonomen und Sozialphilosophen des 20. Jahrhunderts.
Guido Hülsmann adelte Ludwig von Mises mit dem Titel: „Der letzte Ritter des Liberalismus“. Michael Ladwig hat sich der Mühe unterzogen das Gesamtwerk des „letzten Ritters“ gründlich zu studieren und die Früchte dieser Arbeit liegen mit diesem Buch vor. Es ist ein Lexikon entstanden, in welchem zu vielen Stichworten und Themen, die den „letzten Ritter“ ein Leben lang umtrieben und beschäftigten, mehr als nur ein Blick in das großartige analytische Denken des „letzten Ritter“ gewährt wird.
Das Lexikon ist mehr als nur ein Lexikon, es ist ein Handbuch, ein Wegweiser und ein Führer durch das umfangreiche Werk von Mises. Man findet die zentralen Aussagen von Mises z. B. zur Arbeitslosigkeit, zum Geld, zum Kapital, zum Zins und vieles mehr.
Es ist ein hervorragendes Nachschlagewerk gerade auch für diejenigen, die sich im Werk von Mises auskennen. Man findet leicht die genauen Formulierungen von Mises zu dem gesuchten Thema und auch die Verweise auf die jeweiligen Einzelwerke, in welchen Mises sich zum Stichwort geäußert hat. Wie schon angemerkt, somit ist das Lexikon auch der Wegweiser und Führer, um, falls man aus Einzelwerken von Mises zitieren möchte, direkt zum richtigen Ort zu finden.
Das Lexikon eignet sich jedoch auch ganz besonders als Einstiegslektüre für Leute, die am Werk Ludwig von Mises Interesse zeigen und eine Einführung in das Denken des „letzten Ritter“ wünschen. Für diese Interessengruppe wird mit diesem Lexikon ein hervorragendes Handbuch zur Verfügung gestellt.
Dass Michael Ladwig sich dieser Arbeit unterzogen hat, um uns ein solch schönes Lexikon zu offerieren, dies ist aller Anerkennung wert – meinen Respekt vor dieser Leistung!
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
M
Andreas Marquart: Crashkurs Geld – Wie Sie vermeintliche Experten und Besserwisser aus dem Konzept bringen und die Hintergründe verstehen. FinanzBuch Verlag (2019)
Die komplexe Welt des Geldes
Staatliches Geldmonopol – ein Trojanisches Pferd
Von Hubert Milz
Autor Andreas Marquart, der eine Banklehre absolvierte und einige Jahre im Bankensektor tätig war, arbeitet als Vermögensberater und ist Vorstand des deutschen „Ludwig-von-Mises-Institut“. Mit diesem „Crashkurs Geld“ legt der Autor eine Einführung in die „Theorie und Politik des Geldes und der Währungen“ vor – ein Kurs, der mit einfachen Worten allgemeinverständlich einen famosen Überblick in die komplexe Welt des Geldes liefert; – ein Einführung, die zudem ganz bewusst auf das fachchinesische Kauderwelsch und die scheinbar exakte Ideenwelt der mathematischen Modelle verzichtet. Staatlich bezahlte Ökonomen hingegen benutzen in der Regel auch und gerade in den einführenden Lehrbüchern zum Geldwesen jenes Fachchinesisch und jene scheinbar hochkomplizierten Mathematikmodelle. Dadurch werden die interessierten Laien von der Lektüre abgeschreckt. Ob dies vorsätzlich geschieht?
Hingegen ist diese Einführung von Andreas Marquart ganz speziell als Hinführung in die komplexe Welt des Rätsels „Geld“ für den ökonomischen Laien – den „Otto Normalverbraucher“ – geschrieben worden. Hier an dieser Stelle sei schon vorweggenommen, dass das durch den Autor anvisierte Ziel voll und ganz erreicht wird, und zwar derart, dass die Ängste des Autokönigs Henry Fords real werden könnten – Ford hatte nämlich befürchtet, dass es noch vor morgen früh eine Revolution gibt, falls die Menschen das staatliche Geldsystem jemals verstehen sollten!
Zunächst seien ein paar ideengeschichtliche Anmerkungen gestattet.
Andreas Marquarts „Crashkurs Geld“ wurzelt fest in der Lehre der „Wiener Schule der Volkswirtschaftslehre“, deren Begründer Carl Menger ist. Aus dieser Schule gingen ökonomische Meisterdenker hervor, wie z. B. Eugen von Böhm-Bawerk, Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek. Auf der Grundlage der Kapitaltheorie Böhm-Bawerks und den Arbeiten zum Zins von Knut Wicksell entwickelte Ludwig von Mises die „Geld- und Konjunkturtheorie der Wiener Schule“, diese Theorie wurde dann durch Friedrich August von Hayek weiter ausgebaut. Und diese Geld- und Konjunkturtheorie liefert wesentliche Bausteine für den „Crashkurs Geld“.
Marquart zeigt, das „Geld“ nicht per Dekret durch Staat (= Regierungen) eingeführt wurde, sondern die Menschen haben „Geld“ durch das Tauschgeschehen – Ware gegen Ware – am Markt entdeckt => Geld wurde nicht erfunden. Die historische Rückschau zeigt, durch die Marktprozesse setzten sich in den meisten Kulturen regelmäßig die Edelmetalle (Gold und Silber) als allgemein akzeptierte Tauschware durch, da Edelmetalle wertbeständig, haltbar, gut aufzubewahren, leicht teilbar und zu transportieren sind. Folglich ist „Geld“ ursprünglich eine ganz normale Handelsware mit einem inneren Wert an und für sich gewesen.
Staatsoberhäupter erkannten schnell die Möglichkeiten, welche die Beherrschung des „Geldes“ bietet; wer das Geldwesen kontrolliert, der hat auch weitgehenden Einfluss auf die Gestaltung eines Gemeinwesens. Ergo wurde „Geld“ zu einer hoheitlichen Aufgabe, sprich es entstand das Geldmonopol des Staates.
Monopole gedeihen nur, wenn diese unter staatlichem Schutz stehen. Dass derartige Monopole stets zum Vorteil einer privilegierten Gruppe auf Kosten der Allgemeinheit operieren, ist leicht erkennbar beim Durchdenken von Zweck und Ziel eines Monopols. Diejenigen, die gerne empirische Beispiele hinzuziehen, finden diese Erkenntnis durch die Wirtschaftsgeschichte reichlich illustriert.
Warum also soll ein staatliches Monopol auf das „Geld“ eine Ausnahme machen? Wie Andreas Marquart kenntnisreich auffächert, das staatliche Geldmonopol ist keine Ausnahme von der Regel. Seit der Staat das Geldmonopol an sich gezogen hat, wird dieses zum Schaden der Allgemeinheit und zum Vorteil des Staates genutzt. In der Geldgeschichte finden sich zuhauf historische Zeugnisse des Münzbetrugs der Staaten zu Lasten der Bevölkerung.
In den Zeiten des Metallgeldes wurde meist durch staatliche Stellen der Münze Edelmetall entzogen, solche aufwendigen Spiele sind in Zeiten des Papiergeldes nicht mehr nötig. Die historische Rückschau zeigt viele Papiergeldversuche, die alle kläglich scheiterten – manche rasch, andere funktionierten scheinbar lange Zeit. Seit der Epoche der Weltkriege verdrängten die Staaten die Edelmetalle Zug um Zug aus dem Bargeldumlauf, so war schließlich ab 1944 (Bretton Woods System) nur noch der US-$ an das Gold gebunden. Die dem System angeschlossenen Zentralbanken konnten ihre US-$-Bestände bei US-Währungsbehörden in Gold – 35 US-$ je Feinunze Gold – einlösen. Doch damit war am 15.08.1971 Schluss! Präsident Nixon machte der letzten Bindung des Geldes an das Gold ein Ende, der letzte Goldanker wurde gekappt.
Seither ist alles Geld der Welt durch nichts Reales mehr gedeckt und die Manipulation des Geldes durch den Staat treibt ungeheure Blüten. Durch das staatliche Zentralbanksystem mit angeschlossenem Teilreservebankenkartell wurde die Geldmenge massiv erhöht. Ja, sogar vervielfacht, wie Marquart anhand der „Geldschöpfungsmöglichkeiten aus dem Nichts“ des Teilreservebankenkartells aufzeigt und, wie Marquart anhand des Cantillon-Effektes erläutert, schadet dieses „Geld aus dem Nichts“ insbesondere massiv den Menschen, die nur ein festes Einkommen beziehen.
Der „Cantillon-Effekt“ in Kurzform
=> Eine Geldmengenerhöhung zeitigt nicht nur quantitative Effekte im Preisgefüge zwischen Geldmenge und den Güter-/Faktormärkten; sondern der gesamte Prozess einer Geldmengenerhöhung und ihrer Wirkung auf die Endpreise der unterschiedlichsten Güter ist ein ziemlich differenzierter Ablauf.
=> Eine Geldmengenerhöhung führt bei einzelnen Bevölkerungsgruppen zu einem Mehr an Geld in der Kasse.
Zwei einfache Beispiele:
Übernehmen die Banken bspw. neue Staatsanleihen von der Regierung, dann erhält die Regierung Gutschriften aufs Girokonto und ist als erster Akteur im Besitz von neuem Geld.
Geben die Banken die Staatsanleihen an die Zentralbank ab, so erhalten die Banken Gutschriften auf ihre Konten bei der Zentralbank; hier sind also die Banken diejenigen, die als erste über das neue Geld verfügen können.
=> Jene Akteure und diesen nahestehenden Gruppen verfügen zuerst über das „Neue Geld“ und werden auf verschiedenen Güter-/Faktormärkten ihre Aktivitäten verstärken.
=> Auf jenen Märkten wirkten jene zusätzlichen Aktivitäten preistreibend auf das vorhandene Angebot. Und von diesen Märkten her sickert das „Neue Geld“ langsam, aber stetig durch das Wirtschaftsgeschehen.
Stufenartig lässt sich der Prozessablauf des „Neuen Geldes“ wie folgt darstellen:
=> Durch eine Geldmengenerhöhung ist mehr Geld in die Wirtschaft gelangt.
Einige Bevölkerungsteile sind die Nutznießer der Geldmengenerhöhung, weil jene zuerst über das „Neue Geld“ verfügen können.
=> Diese Nutznießer erhöhen ihre Nachfrage auf verschiedenen Güter-/Faktormärkten – und zum Teil werden jene noch zu den alten Preisen einkaufen können.
=> Die Angebotsseite auf jenen Güter-/Faktormärkten kann nicht so schnell auf die gestiegene Nachfrage reagieren, folglich steigen – bei zunächst unveränderter Gütermenge – bei den zusätzlich nachgefragten Gütern die Preise. Das Preisgefüge muss sich zunächst ändern.
=> Verschiedenste Marktakteure werden, wegen der gestiegenen Preise, höhere Gewinnmöglichkeiten auf jenen Güter-/Faktormärkten sehen und dort das Angebot so flott wie nur möglich auszuweiten versuchen.
=> Handelt es sich bei jenen Märkten um Gütermärkte, dann werden Unternehmer in diesen Produktionsbereichen investieren und dadurch selber zu zusätzlichen Nachfragern von Investitionsgütern.
=> Langfristig wird sich das gesamte Preisniveau erhöht haben.
=> Dabei wird sich das Preisgefüge dauerhaft geändert haben, da die Menschen normalerweise keine einheitliche Nachfragestruktur haben, auch nicht bei für alle Menschen gleichmäßig gestiegenem Einkommen.
Entscheidend ist dabei, dass diejenigen, die zuerst bzw. im Zeitablauf relativ schnell über „Neues Geld“ verfügen können, regelmäßig noch zu niedrigeren Preisen einkaufen können, als diejenigen, die feste Einkommen (wie Lohnempfänger und Rentner) beziehen. Die Bezieher von diesen Festeinkommen werden i. d. R. längst die „neuen, höheren Preise“ zu zahlen haben, bevor das „Neue Geld“ bei ihnen (z. B. als Folge von Lohnerhöhungen) angekommen ist – diese sind demnach die Geschädigten.
Daraus folgt, dass aus der – von staatlichen Stellen verursachten und gewollten – ständigen Inflationierung der Geldmenge eine Umverteilung des Volksvermögens zu Lasten der Bezieher von festen Einkommen resultiert.
Das Wachsen der Geldmenge wird von dem Staat dienenden Ökonomen oftmals damit begründet, dass eine wachsende Wirtschaft auch eine wachsende Geldmenge benötige.
Dass dies keine ökonomische Aussage und noch dazu eine Falschaussage ist, erklärt Marquart logisch mit einfachen Worten. Hier sei nun ganz speziell für die Freunde der Empirie ein Beispiel für die Richtigkeit von Marquarts Erklärung eingeschoben: Im 19. Jahrhundert war unter dem klassischen Goldstandard die Größe der Geldmenge streng an den Goldvorrat gekoppelt. Trotzdem zeichnete sich das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts durch ein immenses Realwirtschaftswachstum und enorme Steigerungen der Reallöhne aus, und dies geschah bei einer gleichzeitigen, stetigen und leichten Preisdeflation.
Auch Einwände, wie, dass die Zentralbanken der Preisstabilität verpflichtet sind, werden von Marquart kenntnisreich als falsch entlarvt. Marquart zeigt, dass sich unter dem Banner der Preisstabilität die Inflationisten jedweder Couleur versammeln. Die EZB versteht z. B. unter Preisstabilität eine Inflationsrate von 2% im Jahr.
Doch, was ist Inflation? Ursprünglich bedeutete Inflation die Aufblähung der ungedeckten Geldmenge, mit der Folge, dass im zeitlichen Abstand auch eine Preisinflation bei Gütern und Dienstleistungen folgte. Jedoch haben Staat und die vom Staat bezahlten Ökonomen es verstanden den Ausdruck „Inflation“ geschickt zu verdrehen. Inflation, so wird heute suggeriert und auch allgemein durch die Verbraucher akzeptiert, ist die Preissteigerungsrate der Güter und Dienstleistungen des gewöhnlichen Bedarfs der normalen Verbraucher. Berechnet wird diese Rate auf Grundlage eines – leicht zu manipulierenden – Warenkorbs. Die Preise für die Güter der Vermögenswerte – Rohstoffe, Immobilien, Wertpapiere – bleiben folglich außen vor, obwohl sich insbesondere auf diesen oft genug Exzesse in Sachen Preisinflation austoben. Aber selbst dann, wenn man die Preissteigerungsrate des Warenkorbs als Maß der Inflation akzeptiert, heißt dies, wenn die EZB ihr Inflationsziel von jährlich 2% realisiert, dass dann der Konsument in einem Vierteljahrhundert weit über 60% mehr für den Warenkorb als heute zu bezahlen hat.
Sehr treffend bezeichnet Marquart diese Art von staatlicher Geldpolitik als ein „trojanisches Pferd“ an und für sich. Frühere Generationen, die in den Zeiten lebten als die Geldentwertungspolitik der Staaten noch nicht so derart dreist und unverfroren wie heute war, konnten durch arbeiten und sparen nach einem Vierteljahrhundert ein Häusle bauen oder erwerben. Dies können die heute im Arbeitsleben stehenden Menschen vergessen, egal wie sie sich auch abrackern werden. Heute werden die Menschen durch die Inflationskultur der staatlichen Geldpolitik, besser Geldvernichtungspolitik, in den Konsum gedrängt. Nur, durch Konsumieren wird man nicht wohlhabend, wohlhabend wird man durch Konsumverzicht, also durch Sparen. Folglich ändert die staatliche Inflationskultur das Verhalten der Menschen. Sparen und auf lange Sicht zu wirtschaften, dies galt einst als weises Verhalten, wird jedoch heute durch die staatliche Inflationskultur zur Dummheit an und für sich!
Ersparnisse bilden auch die Grundlage für Investitionen im Produktionsbereich; abnehmende Ersparnisse bedingen geringere oder gar das Ausbleiben von Investitionen. Folglich wird ein Gemeinwesen insgesamt, weil die staatliche Inflationskultur die Menschen zu Konsumtrotteln formt, durch Güter- und Kapitalverzehr ärmer. Reich wird nur eine kleine, durch den Staat bevorzugt bediente, Clique!
Wie Hayek schon vor mehr als vier Jahrzehnten plädiert auch Marquart für eine „Entnationalisierung des Geldes“. Deswegen sollen „WIR“ (hier ist ein „wir“ tatsächlich einmal angebracht) den Regierungen (Staaten) das Geld- und Währungsmonopol entreißen. Das „Geld“ soll dem Markt, wo es auch entdeckt worden ist, zurückgegeben werden.
Am Markt würden dann verschiedene „Geldarten“ in Konkurrenz zueinander stehen, so dass sich das „bessere Geld“ etablieren kann. Und wie uns schon Franz Böhm lehrte: „Wettbewerb ist das genialste Entmachtungsinstrument der Geschichte“, so dass durch den Wettbewerb mittels Marktgeld derart unmoralische Exzesse, die dem staatlichen Geldmonopol inhärent sind, verunmöglicht werden.
Für Hayek war eindeutig klar, dass das staatliche Geld- und Währungsmonopol die Kultur des Westens zerstören wird. Hayek war damals in den 1970er Jahren eher pessimistisch; denn er schrieb damals [„Entnationalisierung des Geldes“ (1977, Mohr-Verlag)] als letzten Satz: „Aber die Zeit mag kurz sein“.
Seit dieser Satz geschrieben wurde, sind mehr als vierzig Jahre vergangen. Die Exzesse der staatlichen Geldpolitik haben seither enorm an Fahrt aufgenommen. Trotzdem scheint Andreas Marquart optimistischer zu sein als Hayek. Marquart hat also noch Hoffnung, dass die westliche Kultur zu retten ist, ansonsten hätte Andreas Marquart dieses Buch mit seinen Lösungsvorschlägen nicht einem breiten Publikum zu offerieren brauchen. Also, dem Buch ist eine Leserschaft zu wünschen, die in die Millionen geht und Erkenntnisse und Anliegen des Buches übernimmt, da nur dann eine Art von Optimismus berechtigt scheint.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
Ludwig von Mises, Rahim Taghizadegan (Hrsg.): Menschliches Handeln. Eine Grundlegung ökonomischer Theorie. Verlag mises.at (2019)
Argumentatives Meisterstück
Ein Schatz für deutschsprachige Leser gehoben
Von Uwe Werler
Ich bin ja normalerweise selten sprachlos, aber nun bin ich es. Dank Rahim Taghizadegan liegt jetzt „Human Action“ in deutscher Übersetzung vor. „Nationalökonomie“ habe ich teilweise gelesen als auch „Human Action“. Aber nie vorher habe ich so viel Genuß beim Lesen gehabt. Mag sein, daß es daran lag, daß „Nationalökonomie“ für heutiges Deutsch etwas „felsig“ in der Sprache ist und „Human Action“ mehr geistige Anstrengungen aufgrund der englischen Sprache erfordert. Oder mir fällt die Lektüre etwas leichter, weil ich jetzt die Muse zum Lesen oder vorher mein Hirn mit Dostojewski „trainiert“ habe. Wie dem auch sei.
Aber wie Ludwig von Mises kollektivistische Ideologien auf etwa 30 Seiten komplett zerstört, ist ein argumentatives Meisterstück. Nicht nur die Schönheit der Logik besticht durch ihre Reduktion auf das Wesentliche, sondern auch die Zeitlosigkeit seiner Sprache, die, bis auf wenige Worte, verblüffend modern wirkt.
Leider hatte ich die „einfachen“ Argumente aus den Kapiteln 2.11 bis 3.5 nicht zur Hand, als ich selbst Soziologie studiert habe, wenngleich die Ideen in meinem Hinterkopf schon spukten.
Mises ist aktueller denn je. Dieser Schatz ist nun für deutschsprachige Leser wieder gehoben und bietet genügend „Munition“ gegen den Zeit(un)geist.
Tausend Dank an Rahim Taghizadegan, Georg Zundel und das Scholarium, die das Unmögliche möglich gemacht und eines der wichtigsten (wenn nicht gar das wichtigste) Werk der österreichischen Schule einem breiten Publikum zugänglich gemacht haben.
DER REZENSENT
Uwe Werler (Jahrgang 1972): #Libertarian; #Rothbardarian; #Anarchocapitalist; Founder of #AnCapHappening. Lebt in Reykjavík/Island.
Ludwig von Mises: Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel. Duncker & Humblot (2005)
Das Buch der Geldtheorie !!!
Für eine 100%ige Golddeckung aller Zahlungsmittel
Von Hubert Milz
»Niemand weiß besser als wir Nationalökonomen, was unserer Wissenschaft fehlt, und niemand empfindet ihre Lücken und Mängel schmerzlicher als wir. Doch das, was die Politik des letzten Jahrzehntes an theoretischer Einsicht benötigt hat, hätte sie von der Nationalökonomie lernen können.«
— Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage, 1924
Ludwig von Mises (1881 – 1973) legte mit seiner Habilitationsschrift 1912 dieses bedeutende Werk zur Geldtheorie vor. Mit diesem Werk integrierte Mises die Geldlehre in die theoretische Volkswirtschaftslehre. Mises dehnte die subjektive Wertlehre Mengers auf die Analyse der Geldwirtschaft aus und überwand so die – damals vorherrschende – unbefriedigende theoretische Trennung zwischen Real- und Geldwirtschaft.
Wesentliche Eckpunkte des Buches sind:
— die Bestimmung des Geldwertes mittels der Methode der grenzwerttheoretischen Analyse;
— die Funktionen des Geldes, aus dem Marktgeschehen durch menschliches Handeln ableitbar;
— die Kritik der schablonenhaften Quantitätstheorie des Geldes;
— die Analyse der Nichtneutralität des Geldes (lange vor Keynes herausgestellt);
— die Darlegung der verschiedenen Geldformen, wie
> Warengeld im engeren Sinne (Gold, Silber, etc.),
> Zeichengeld, juristisch zu Geld ernannt,
> Kreditgeld, also geldwerte Forderungen, die Geldfunktionen annehmen können,
> Geldsurrogate, z. B. nicht durch Warengeld gedeckte Banknoten,
> Geld im weiteren Sinne, wie Bankdepositen und Geldzertifikate.
Die Nichtneutralität des Geldes ist die Grundlage zum m. E. wichtigsten Teil des Buches: der monetären Konjunkturtheorie. Dieser Ansatz nur ganz kurz skizziert: Geldmengenänderungen erwirken eine Veränderung (Verzerrung) der relativen Preise und somit ganz allgemeine Veränderungen bei der Verteilung der Wertschöpfung. Eine künstliche Geldmengenausweitung hat bei den Marktteilnehmern falsche Signalwirkung; denn durch das gestiegene Geldangebot sinken die Zinsen unter ihren natürlichen Satz. Bankkredite werden vermeintlich billiger und es werden Investitionen getätigt, die auf der Höhe des natürlichen Zinssatzes unrentabel wären. Künstlich wird hierdurch ein Aufschwung erzeugt, der auf größtenteils unveränderte Zeitpräferenzen der Marktteilnehmer trifft. Sobald hierüber die Zinsen wieder ansteigen, werden etliche dieser künstlich erzeugten Investitionsvorhaben zu teuer und sich als Fehlinvestitionen herausstellen. Die Kredite, mit welchen diese Fehlinvestitionen finanziert werden, müssen aber weiter bedient werden und der Abschwung beginnt.
Ludwig von Mises Lösungsvorschlag wirkt radikal. Mises plädiert für eine 100%ige Golddeckung aller Zahlungsmittel, nur dann wäre den Banken die Möglichkeit eigener Buchgeldschöpfung zu nehmen und somit dieser Weg einer Geldmengenerhöhung ausgeschlossen. Und nicht nur dies, auch im Zentralbankensystem wäre „fiat money“ durch die Regierungspolitik nicht mehr möglich.
Fazit: Diejenigen, die etwas über das Geld-, Kredit- und Währungsgeschehen lernen und verstehen möchten, sollten dieses Buch lesen. Wer die Gedankengänge, die Ludwig von Mises in diesem Buch darlegt, nachvollzieht und akzeptiert, wird zu der Einsicht gelangen, dass die konjunkturellen Krisen regelmäßig das Ergebnis der beiden Eckpfeiler der staatlichen Wirtschaftspolitik sind, und diese heißen: „Staatsmonopolistisches Zwangs-Papiergeld“ und „Zentralplanwirtschaftliches Zinsdiktat“.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
P
Thorsten Polleit, Michael von Prollius: Geldreform: Vom schlechten Staatsgeld zum guten Marktgeld. FinanzBuch Verlag (2014)
Zwangsgeld ist schlechtes Geld
Staatliches Geldwesen war immer Lug und Trug
Von Hubert Milz
Nach dem Durchlesen der 3. Auflage des Buches denke ich, dass ich meinen Kommentar zur 1. Auflage des Buches doch – trotz dieser komplett überarbeiteten und ergänzten 3. Auflage – übernehmen und auch hier zur 3. Auflage einstellen darf und kann.
Staatliches Zwangsgeld ist schlechtes Geld! Dies ist die Botschaft der beiden Autoren des Buches, denn:
— das Staatsgeldsystem ist ethisch defekt, weil es die Regierungen und ihre Kombattanten auf Kosten der übrigen Bevölkerung bereichert;
— das Staatsgeldsystem ist chronisch inflationär und enteignet dadurch die Sparer;
— das Zentralbankwesen ist der Garant für diese chronische Inflationierung;
— dadurch zerstört das Staatsgeldsystem langfristig die Tauschmittelfunktion des Geldes, Geld wird immer weniger zur Recheneinheit und dient nicht weiter der Wertaufbewahrung;
— Staatsgeldsystem und Zentralbankwesen sind verantwortlich für die Wirtschaftskrisen, z. B. für die Weltwirtschaftskrise von 1929, für die Subprime-Krise, für die sog. Weltfinanzkrise und auch für die Spekulation gegen den Euro-Raum. Die konjunkturellen Krisen sind regelmäßig das Ergebnis der beiden Eckpfeiler der staatlichen Politik, und diese heißen „Staatsmonopolistisches Zwangs-Papiergeld“ und „Zentralplanwirtschaftliches Zinsdiktat“;
— das Teilreserve-Banksystem mit der Zentralbank als „lender of last resort“ (dem Verleiher der letzten Zuflucht) ist ein für die Regierungen unbedingt notwendiges Instrument in Sachen „Enteignungs- und Freiheitszerstörungspolitik“.
Das Buch ist flüssig geschrieben und gut zu lesen, gerade auch für Nicht-Ökonomen. Ich wünsche dem Buch viele Leser, welche die Botschaft des Buches verstehen und beherzigen: ein Staatsgeldsystem lädt Regierungen immer ein zum Betrug.
Die Geschichte des staatlichen Geldwesens ist bis auf wenige kurze Zeiträume, wie Friedrich August von Hayek dies aufzeigte, immer eine Geschichte von Lug und Trug gewesen. Dies ist zwar schon seit dem Mittelalter (Nicolas von Oresme) bekannt, ist aber den meisten Mitbürgern leider kaum bewusst.
Der verstorbene Schweizer Privatbankier Ferdinand Lips hatte einmal zum heutigen Staatsgeldsystem/Zentralbankwesen gesagt: „Zum ersten Mal in der Geschichte ist alles Geld der Welt von nichts gedeckt. Das ist das übelste System, das je von Menschenhand erfunden wurde.“
Um dieses Übel aus der Welt zu schaffen, plädieren die beiden Autoren für die Abschaffung des Staatsgeldsystems, des Teilreserve-Banksystems und der Zentralbanken. Das Geld soll dem Markt, wo es – wie die beiden Autoren zeigen – entstanden ist, zurückgegeben werden. Und das freies Marktgeld besser funktioniert als das staatliche Falschgeldsystem, dies zeigen die beiden Autoren in ihrer Analyse am Beispiel des historisch erprobten „Free Banking“.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
Thorsten Polleit: Ludwig von Mises für jedermann: Der kompromisslose Liberale. Frankfurter Allgemeine Buch/Ökonomen für Jedermann (2018)
Parforce-Ritt durch das Werk
Eine gute Hinführung zu Ludwig von Mises
Von Hubert Milz
Thorsten Polleit ist Honorarprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth. Er ist ein ausgewiesener Kenner der „österreichischen Schule der Nationalökonomie“ – und demzufolge qualifiziert ein solches Buch, das eine fundierte Ein- und Hinführung ins Werk von Ludwig von Mises ist, zu verfassen.
Thorsten Polleit steigt in das Thema mit einem Überblick über den Werdegang, den das Leben von Ludwig von Mises nahm, ein. Mises wurde 1881 in Lemberg geboren, absolvierte in Wien das Gymnasium und nahm anschließend an der Universität Wien das Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften auf. Mises schloss das Studium mit dem Doktorat der Rechte ab und war ab 1906 Mitarbeiter der Wiener Industrie- und Handelskammer. 1912 habilitierte sich Mises an der Universität Wien, war dort ab 1918 unbezahlter a. o. Professor; sein Wiener Privatseminar war die Schmiede, aus welcher eine stattliche Anzahl hervorragender Wissenschaftler hervorging Ab 1934 lehrte Mises in Genf am Institut universitaire de hautes études internationales. 1940 emigrierte Mises in die USA, dort erhielt er eine Stiftungsprofessur an der New York University und lehrte dort bis 1969, auch etliche Teilnehmer seines New Yorker Seminar, das er bis ins hohe Alter durchführte, wurden bekannte Wissenschaftler.
Thorsten Polleit zeigt, dass Mises in seinen Anfangsjahren als Student im Kielwasser der interventionistischen, staatsgläubigen „jüngeren deutschen historischen Schule der Nationalökonomie“ schwamm, doch Ende 1903 mutierte Mises durch die Lektüre des Werks Carl Mengers („Grundsätze der Volkswirtschaftslehre“) zum Nationalökonomen der „Wiener Schule der Nationalökonomie“.
Mises wichtigster Lehrer wurde Eugen von Böhm-Bawerk, dessen Seminar Mises regelmäßig besuchte und bei dem Mises mit der Arbeit „Die Theorie des Gelde und der Umlaufmittel“ 1912 auch habilitierte. Mit dieser Schrift gelang es Mises das „Geld“ in das Lehrgebäude der ökonomischen Theorie – besser in das Lehrgebäude der „Wiener Schule der Nationalökonomie“ – zu integrieren. Außerdem legte Mises in dieser Schrift 1912 den Grundstein seiner Konjunkturtheorie, die er nach dem Ersten Weltkrieg (an diesem nahm er als Offizier teil) in der 2. Auflage des Buches „Theorie des Geldes und der Umlaufmittel“ als ausgereifte Frucht präsentierte.
Nach Kriegsende rechnete Mises zunächst in seinem Buch „Nation, Staat und Wirtschaft“ mit Krieg und Kriegsursachen ab. Im Winter 1919 hielt Mises den Vortag „Die Wirtschaftsrechnung im sozialistischen Gemeinwesen“; der Vortrag wurde im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ veröffentlicht und löste eine Sozialismusdebatte aus. Dieser Vortrag war auch die Basis des Buches „Die Gemeinwirtschaft“, in welchem Mises nicht nur mit seinem neuen Argument von der Unmöglichkeit der Kalkulation im Sozialismus operiert, sondern alle bis dahin vorgebrachten Argumente gegen den Sozialismus zu einer grandiosen Attacke gegen die sozialistischen Träume bündelte. „Die Gemeinwirtschaft“ war für viele junge, begabte Ökonomen wiederum ihr Damaskus – aus Sozialisten wurden an der Seite von Mises, besonders während der oben genannten Sozialismusdebatte, kluge und eifrige Streiter für Marktwirtschaft und Freiheit.
Thorsten Polleit leitet den Leser dann durch die weiteren Hauptwerke von Mises: „Liberalismus“ – „Kritik des Interventionismus“ – „Grundprobleme der Nationalökonomie Nationalökonomie: Theorie des Handelns und Wirtschaftens“ – „Die Bürokratie“ – „Omnipotent Government“ – „Die Wurzeln des Antikapitalismus“ – „Theorie und Geschichte“ – „The Ultimate Foundation of Economic Science“ (2016 auch in deutscher Übersetzung als „Die Letztbegründung der Ökonomik: ein methodologischer Essay“ erschienen).
Insbesondere hervorzuheben ist das Magnum Opus „Nationalökonomie: Theorie des Handelns und Wirtschaftens“ von 1940 (im US-Exil in erweiterter Form als „Human Action“ erschienen), in welchem Mises eine exzellente Gesamtschau auf das menschliche Handeln – der handelnde Mensch in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft – in toto gelingt, und zwar bedingt durch die Methode der Praxeologie, welcher sich Mises durch die Untersuchung der erkenntnistheoretischen Grundlagen der Ökonomie (Grundprobleme der Nationalökonomie, 1933) zuwandte. Die Praxeologie erscheint bei Mises im Grunde als eine eigenständige Disziplin der Wissenschaften, und zwar derart, dass durch diese Disziplin ein Ökonom logisch exakt das komplette Feld der menschlichen Handlungen, insbesondere das der wirtschaftlichen Wahlakte, widerspruchsfrei untersuchen und analysieren kann.
Die Analysen und qualitativen Prognosen im Werk Ludwig von Mises sind brisant und haben für die Gegenwart, in welcher etliche der qualitativen Mises-Prognosen real geworden sind, weiterhin volle Gültigkeit. Seine Betrachtungen in „Omnipotent Government“ sind hier hervorzuheben, in welchen Mises akkurat mit den Ideologien, die besonders an deutschen Universitäten (Kathedersozialismus) verfochten wurden und im Rahmen des bismarck-preußischen Sozialetatismus zu einer Staatsgläubigkeit sondergleichen führten; eine Staatsgläubigkeit, die schließlich im Nationalsozialismus gipfelte. Gerade dieses Buch von Mises enthält – mit Blick auf die auch heutzutage weiterhin grassierende Staatgläubigkeit – sehr ernstzunehmende Warnungen.
Fazit: Dieses Buch „Ludwig von Mises für jedermann: Der kompromisslose Liberale“ leistet, obwohl es geradezu ein Parforce-Ritt durch das Werk von Ludwig von Mises ist, eine gekonnte Einführung/Hinführung in das Leben und das Werk dieses genialen Denkers.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
R
Wilhelm Röpke: Die Lehre von der Wirtschaft. (1937. 13. Aufl. 1994)
Grundwahrheiten der Wirtschaft
Skeptisch gegenüber dem Machbarkeitswahn
Von Hubert Milz
Wilhelm Röpke (1899 – 1966), der als aktiver Gegner Hitlers 1933 in die Türkei emigrierte und dort bis 1937 – bevor er nach Genf ans „Institut universitaire de hautes études internationales“ wechselte – an der Universität Istanbul lehrte, schrieb dieses erfolgreiche Buch (1. Auflage 1937, 13. Auflage 1994), weil er eine solche Einführung in die Volkswirtschaftslehre während seiner Studienzeit vermisst hatte.
Das Buch ist auch heute noch eine blendende Einführung in das volkswirtschaftliche Denken, vor allem, da Wilhelm Röpke ein Meister der Sprache ist. Auf Basis mikroökonomischer Denkmuster stellt Wilhelm Röpke dem Leser die Problemstellungen und Grundwahrheiten der Wirtschaft vor und entwickelte schon in diesem Buch seine Ansätze einer einheitlichen Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik – den großen Themen späterer Werke des Autors.
Das Buch bietet eine sehr gute Übersicht zu den Wirkungen der Arbeitsteilung, zum Fluss der Güter und Leistungen auf den Märkten im Zusammenspiel mit dem Preissystem. Er behandelt Armut und Reichtum und setzt sich eingehend mit der Verfassung einer freien Wirtschaft auseinander. Seine Bemerkungen zu Störungen und Krisen des Wirtschaftslebens sind – mit Blick auf die heutige sog. Weltfinanzkrise – sehr lesenswert und zeigen einen Röpke, der dem staatlichen Machbarkeitswahn sehr skeptisch gegenübersteht.
Fazit: ein sehr lesenwertes und lehrreiches Buch, trotz der vielen Jahre, die seit der Ersterscheinung vergangen sind.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
S
Karl Albrecht Schachtschneider: Die nationale Option. Kopp Verlag (2017)
Feinde von Freiheit und Rechtsstaat
Protektionismus würde Arbeitsplätze vernichten
Von Hubert Milz
Der Staats-, Verwaltungs- und Wirtschaftsrechtler Prof. Schachtschneider war zunächst als Rechtsanwalt und Fachhochschul-Professor tätig, anschließend als Juraprofessor an den Universitäten Hamburg und Erlangen-Nürnberg. Schachtschneider war zunächst Mitglied der SPD, dann der CDU und 1994 Gründungsmitglied der Partei „Bund freier Bürger“. Bekannt wurde Schachtschneider einer breiteren Öffentlichkeit als Beschwerdeführer in einer staatlichen Zahl von Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.
In diesem Buch zeigt Schachtschneider auf, was aufgrund seiner Republiklehre der demokratische Rechtsstaat sein soll. Jeder Bürger der Republik ist souverän und trägt die Staatsgewalt mit, die Summe der Bürger bildet das Staatsvolk. Grundlage der Freiheit der Nation ist der Rechtsstaat, der sich nur durch allgemein gültige und anerkannte Gesetze entfaltet.
Die Feinde von Freiheit und Rechtsstaat sind für Schachtschneider Sozialisten und Kapitalisten. Diese wollen gemeinsam die Nationalstaaten überwinden; für Schachtschneider heißt dies: Souveränität, Freiheit und Rechtsstaat sollen zerstört werden. Viele Rechtsbrüche listet Schachtschneider auf, z. B. die Euro-Politik der EZB und Regierungen, Merkels Flüchtlingspolitik, die Illegitimität der EU-Institutionen. Gemäß Schachtschneider sind derartige Rechtsbrüche in Deutschland möglich, weil Volksabstimmungen unterbunden sind und die Medien gemeinsame Sache mit der Politikelite machen. Die Presse veröffentlicht, verbreitet und verteidigt die Regierungsmeinung. Andersdenkende werden öffentlich diffamiert und mundtot gemacht; außerdem versuchen die Politikelite und ihre Verbündeten die Kontrolle über die sozialen Medien zu erlangen, um andere Meinungen zu bekämpfen und zu ersticken.
Vielen dieser Punkte, die Schachtschneider aufzeigt, kann man ohne viele Umstände beipflichten – und dies, ohne dass man seiner Republiklehre beipflichten muss.
Kritik:
Durch die Art und Weise, wie Schachtschneider auf Basis seiner Republiklehre vorgeht und mit Begründungen anbietet, vielmehr mit diesen jongliert, tut er seinen Positionen m. E. keinen Gefallen. So lehnt Schachtschneider internationale Schiedsgerichte und den Freihandel ab, mit Begründungen, die ich nicht nachempfinden kann. Nebenbei bemerkt, die Dinge, die Schachtschneider in diesem Zusammenhang als Kapitalismus und Marktwirtschaft geißelt, haben kaum etwas was mit Kapitalismus und Marktwirtschaft zu tun. Was Schachtschneider hier angreift, sind die dirigistischen Interventionen der Politik – letztlich ist dies Planwirtschaft und keine Marktwirtschaft. Den Freihandel verwirft Schachtschneider, weil er offenbar meint, dass Freihandel bzw. Freihandelsabkommen die Souveränität der Bürger zum Vorteil von Regierungen und kapitalistischen Konzernen zersetzt.
Ist Freihandel tatsächlich schädlich für einen Staat wie Deutschland? In Deutschland hängen zwei von drei Arbeitsplätzen direkt, bzw. zumindest indirekt am Tropf der internationalen Arbeitsteilung. Protektionismus würde in Deutschland massenhaft Arbeitsplätze vernichten. Möchte Schachtschneider tatsächlich Massenarbeitslosigkeit generieren?
Natürlich braucht es keine geheim verhandelten Freihandelsabkommen zwischen Regierungen, damit Freihandel funktioniert. Verhandlungen und Verträge, die ganz geheimnisvoll im Verborgenen ablaufen und zustande kommen, werden den Stallgeruch des Konspirativen schwer bis gar nicht los: Hier haben dann schneidige Agitatoren ein völlig freies Spielfeld, um Freihandel an und für sich zu diskreditieren.
Freihandel geht auch ohne derartige Abkommen, wie das Beispiel Großbritanniens nach 1815 zeigt. Großbritannien war damals die wichtigste Volkswirtschaft der Welt und hob nach Ende der napoleonischen Kriege einseitig über 400 Zolltarife und auch Cromwells Navigationsakte auf. Freihandel bedingt ein Mehr an allgemeiner Wohlfahrt, während Protektionismus die allgemeine Wohlfahrt schwächt und vernichtet.
Doch wenn die Regierungen der wichtigsten Volkswirtschaften der Welt von heute nicht den o. g. britischen Weg gehen wollen, dann sind Freihandelsabkommen und Welthandelsabkommen zwar suboptimale Lösungen, jedoch mit Blick auf die Arbeitsplätze und die allgemeine Wohlfahrt akzeptabel, während durch die Umsetzung von Schachtschneiders Ansichten nur Arbeitsplätze und Wohlfahrt vernichtet würden.
Internationale Schiedsgerichte verwirft Schachtschneider mit nicht haltbaren Begründungen, als ob nur Staatsgerichte über die Einhaltung von Regeln urteilen können. Dies ist falsch, „entscheidend ist, ob nach Recht und Gesetz entschieden wird. Demokratie und Rechtsstaat werden nicht durch internationale Schiedsgerichte ausgehöhlt, sondern durch Entscheidungen, die Recht und Gesetz widersprechen. Die Behauptung nur deutsche Gerichte würden in Streitfällen, in denen der deutsche Staat verklagt wird, nach Recht und Gesetz entscheiden, zeugt nicht nur von einer gewissen Lebensfremdheit, sondern von nationaler Verblendung.“ (Zitat: Norbert F. Tofall)
Zur Erinnerung, das römische Zivilrecht, welches auch die Wurzel des bundesdeutschen Zivilrechts ist, wurde durch private Rechtsgelehrte entwickelt und an privaten Gerichtshöfen wurden zivilrechtliche Streitigkeiten verhandelt. Der römische Staat hat diese privaten Institutionen nur okkupiert, um diese für Regierungszwecke zu nutzen. Private Schiedsgerichte sind leider notwendig, weil der Schutz der allgemeinen Regeln und Eigentumsrechte gerade in den mehr oder weniger krüppelhaften Rechtsstaaten der sog. westlichen „Liberal-Demokratien“ (insbesondere im deutschen Staat) stetig erodiert werden.
Der 2014 verstorbene Christian Kirchner (promovierter Volkswirt, promovierter und habilitierter Jurist, Professor für Deutsches, Europäisches und internationales Zivil- und Wirtschaftsrecht und Institutionenökonomik) hatte einmal – falls mich die Erinnerung nicht täuscht – so in etwa gesagt, dass gut 90 Prozent derjenigen, die in der deutschen Außenhandelswirtschaft tätig sind, die Verträge mit ihren ausländischen Geschäftspartnern nicht nach deutschem Handelsrecht abschließen, sondern nach angelsächsischem Recht oder den Normen der internationalen Schiedsgerichte. Weshalb? Nicht weil das deutsche Handelsrecht schlechter ist als angelsächsisches Recht oder als schiedsgerichtliche Normen; nein, das deutsche Handelsrecht sei diesen sogar überlegen. Nur, fügte Kirchner hinzu, selbst wenn man bei einem Vertrag nach deutschem Recht alle Gesetzestexte, alle Gerichtsurteile und was es sonst noch so gibt, berücksichtigt hat, ist Rechtssicherheit nicht gegeben – man kann und wird vor einem deutschen Gericht böse Überraschungen erleben, weil deutsche Richter oft genug eine etwas eigenwillige Auslegung der Gesetzesnormen vollziehen – sozusagen die Regeln eigenständig verändern. Also suchen deutsche Außenhändler vorzugsweise Rechtssicherheit, die sie vor deutschen Gerichten oft genug vermissen, im angelsächsischen Recht oder im Rahmen der internationalen Schiedsgerichte.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
Josef Schüßlburner: Roter, brauner und grüner Sozialismus. Bewältigung ideologischer Übergänge von SPD bis NSDAP und darüber hinaus. Lichtschlag (2015)
Krieg sollte Fortschritt bringen
Alle Farben des Sozialismus gehören in einen Topf
Von Hubert Milz
In den üblicherweise veröffentlichten Meinungen (Presse etc.), im Schulunterricht, im Seminar oder Hörsaal der Hochschulen oder am Stammtisch, so gut wie überall wird der Nationalsozialismus durch die „Brille Stalins“ gesehen. Ein Geniestreich des roten Massenmörders, in der Bundesrepublik ist seine Botschaft vom „guten und hehren Sozialismus“ und vom bösen „Hitlerfaschismus“ voll verinnerlicht.
Hier ist das Buch von Josef Schüßlburner richtiggehend eine Wohltat, endlich jemand der – wie Ludwig von Mises, Wilhelm Röpke und andere Emigranten vor dem 2. Weltkrieg – klar sagt, dass alle Farben des Sozialismus in einen Topf gehören, alle die gleichen Wurzeln haben – heute zählen auch die „Grünen“ dazu, denn ihre Ideologie wurzelt direkt in der nationalsozialistischen Gesetzgebung: Reichsnaturschutzgesetz 1935 und Naturschutzverordnung von 1936.
Das Buch ist ausgezeichnet recherchiert, jeder Leser kann die angeführten Originalquellen, falls der Leser dem Autor nicht glaubt, nachprüfen. Die zitierten Stellen stimmen.
Für mich, der ich ca. 1978 angefangen habe, mich von den „hehren Ideen des Sozialismus“ zu distanzieren, weil „Sozialismus die Theorie und Praxis des Massenmordes“ ist, waren viele Positionen des Buches neu, obwohl ich aus der Exil-Literatur (1933 – 1945) einige Aspekte schon kannte. Für jeden Bürger, der wissen möchte, wo repräsentative Parteien – „SPD“, „Grüne“ und die „Linke“ sowieso – der Bundesrepublik ideengeschichtlich verortet sind, sollte dieses Buch Pflichtlektüre sein.
Schüßlburner zeigt kenntnisreich, dass die SPD es versäumt hat, ihre Vergangenheit zu bewältigen. Nationalsozialismus und SPD haben gleiche Wurzeln, nämlich den klassischen Sozialismus; Beispiele, die Schüßlburner aufzeigt und mit fundierten Quellen absichert:
gesundheitspolitische Vorstellungen führender SPD-Parteigenossen aus der Zeit vor und nach dem 1. Weltkrieg in Sachen Eugenik und Euthanasie sind von den Nationalsozialisten nur umgesetzt worden;
das sozialdemokratische schwedische Ehepaar Myrdal, beide international hoch dekoriert, schwärmten geradezu über die sozialistischen Maßnahmen im Hitler-Deutschland. Auf ihre Initiative hin übernahmen die Schweden manches von Hitler-Deutschland. Und in Teilen der neuen schwedischen Reichsverfassung, die nach 1945 entstand, sind Formulierungen von Prof. Ernst Rudolf Huber, Hitlers Kronjuristen in Verfassungsfragen, fast wörtlich eingeflossen;
Ferdinand Lassalle, einer der Ahnväter der Sozialdemokratie, der von den Deutschen als Führungsvolk auf dem Wege des Fortschritts schwärmt; der den großen Krieg gegen die Slawen herbeisehnte, welche zum Fortschritt erzogen werden müssten; der Deutschland als den vorbestimmten Herrscher Europas betrachtete. Ohne jüdischen Stammbaum hätte der Sozialdemokrat Lassalle in die Ahnengalerie der Nazis gepasst.
Karl Kautsky, der als Chef-Kommentator der SPD die Demokratie wie folgt definierte: „In der wahren Demokratie fallen alle Rechte im Kollektiv zusammen. Der Einzelne hat keinerlei Rechte mehr, auch kein Recht auf Widerstand.“ Ein Kautsky, der sich, trotz seiner jüdischen und slawischen Wurzeln, mit abscheulicher Dialektik Marx und Engels in der Verachtung der Slawen und Juden anschloss: „Im Sozialismus wird der Jude als Mensch verschwinden.“ Eine Rückfrage bei Engels und Kautsky schloss sich der Engelsschen Verachtung des slawischen Untermenschen an.
Antisemitismus findet man auch bei Bebel, der sagte der „Antisemitismus ist der Antikapitalismus des dummen Kerls“, um erläuternd hinzufügen, dass eben der Jude die abscheuliche Personifizierung des grässlichen Kapitalisten sei.
Insbesondere Marx und Engels schwärmten geradezu vom großen Europäischen Krieg, der dann Europa einen Riesenschritt in Richtung Sozialismus bringen sollte, und die slawischen Völker, welche zur Revolution ungeeignet seien, in die Knechtschaft mit anschließender Erziehung zum Sozialismus bringen sollte. Vom Jahre der Erstveröffentlichung des „Kommunistischen Manifests“ ist bis zum Tode von Marx kein Jahr vergangen, in welchem nicht wenigstens ein kriegsschwärmerisches Pamphlet durch Marx und Engels veröffentlicht worden ist.
Diese kurzen Splitter aus dem Buch mögen genügen, doch schon diese zeigen die große ideologische Verwobenheit des gesamten sozialistischen Spektrums; egal welche Farbe dieser hat – die Menschen werden absolut verachtet.
Das Buch ist ein grandioser Wurf – Respekt und Dank an den Autor!
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
Gerd Schultze-Rhonhof: 1939 – Der Krieg, der viele Väter hatte. Olzog, München (2003)
Differenzierte Betrachtungen
Die immer noch brisante Frage nach den Ursachen
Von Dr. Stefan Scheil
Anregungen von außen kann die Geschichtswissenschaft von Zeit zu Zeit gut gebrauchen. Sie schützen die Zunft davor, nur noch mit sich selbst zu diskutieren und erinnern sie nebenbei an die Verantwortung der Öffentlichkeit gegenüber. An Beispielen aus jüngerer Zeit wird man dabei etwa an Ernst Topitsch denken, der als Philosoph und Wissenschaftstheoretiker über „Stalins Krieg“ als rationale Langzeitstrategie gegen Europa schrieb und dabei aus der Perspektive des gebildeten Laien zu Schlußfolgerungen kam, die sich gegen den wissenschaftlichen Trend richteten, aber durch neuere Quellenfunde immer mehr bestätigt werden. Gerd Schultze-Rhonhof ist ebenfalls historischer Laie, genauer gesagt Generalmajor a. D. Er hat es unternommen, den langen Anlauf zum Zweiten Weltkrieg in einer umfangreichen Darstellung zu beschreiben, und kommt zum Schluß, daß dieser Krieg „viele Väter“ hatte.
Schultze-Rhonhof nennt am Ende ausdrücklich sechs Staaten, denen er besondere Verantwortung am Kriegsausbruch von 1939 zuschreibt. Es sind Großbritannien, Frankreich, Polen, die Sowjetunion, die Vereinigten Staaten und Deutschland. In dieser Liste fehlen Italien und Japan, was zunächst überraschen mag, zumal besonders der italienischen Politik einschließlich des Äthiopien-Krieges in der Darstellung einiger Raum gewidmet wird. Es läßt sich wohl aus der vom Autor vorgenommenen Einteilung in drei „Dimensionen“ erklären, in denen er den Zweiten Weltkrieg verlaufen sieht: einer asiatisch-japanischen, einer mittelmeerisch-italienischen und einer mitteleuropäisch-deutschen.
Schultze-Rhonhof beschreibt im wesentlichen letzteres, also die Entwicklung zum deutsch-polnisch-sowjetischen Krieg von 1939. Sie nimmt den längsten Abschnitt des Buchs ein und endet mit einer chronologischen Darstellung der letzten Tage vor dem Krieg zwischen dem 23. August und dem 31. August. Daneben gibt es Rückblicke auf den Ersten Weltkrieg und die anschließende Schulddebatte samt dem Versailler Vertrag, auf die „Jahre der Anschlüsse“ und den Rüstungswettlauf der Nachkriegszeit zwischen 1918 und 1939. Ein längerer Abschnitt ist Hitlers Äußerungen zu einem möglicherweise kommenden Krieg gewidmet. Hier unterzieht Schultze-Rhonhof auch die im Nürnberger Prozeß vorgelegten „Schlüsseldokumente“ einer Kritik, aus denen sich nach konventioneller Lesart der deutsche Wille zum Angriffskrieg angeblich ergeben soll.
Insofern entspricht der Titel des Buchs nicht völlig dem Inhalt, denn der Autor beschäftigt sich nicht mit dem Weltkrieg als Ganzem, sondern mit dem Entstehen des deutsch-polnischen Konflikts. Größere Aufmerksamkeit wird daher neben dem deutschen vor allem dem polnischen Selbstverständnis gewidmet. Die Diplomatie anderer Länder im entscheidenden Zeitraum wird in ihrem Verhältnis zur polnischen Regierung gespiegelt, und so läßt sich auch die Frage gut untersuchen, wie aus dem 1938 gemachten deutschen Angebot einer Garantie der polnischen Grenzen innerhalb von Monaten ein Gegensatz entstehen konnte, der zur Gewaltanwendung eskalierte.
Ansonsten konzentriert sich die Darstellung auf die deutsche Perspektive. Hier liegen Stärken des Buchs, denn gerade für die jüngeren Leser, die Schultze-Rhonhof vor allem ansprechen will, dürfte der Rückblick auf die „zweite deutsche Teilung“, bei der die Alliierten im Jahr 1919 den bereits demokratisch beschlossenen Beitritt Österreichs und der Sudetengebiete verhinderten, manch Unbekanntes erhalten. Auch die Umwandlung des Memelgebietes in eine Kolonie der Siegermächte, die später geduldete Okkupation durch Litauen und die Verhinderung der Regierungsbildung durch die 1925 mit 94 Prozent Stimmanteil gewählten deutschen Parteien gehört zur viel zu selten erwähnten Vorgeschichte des Weltkriegs, die der Autor hier ausbreitet.
Dies waren die Jahre, in denen sich in Deutschland der Eindruck zu verfestigen begann, daß in der internationalen Politik die Macht eben doch nur aus den Gewehrläufen kam und im weiteren Vertrauen auf zwischenstaatliche Verhandlungen und demokratische Selbstbestimmung keine Hoffnung läge. Diese innerdeutsche Entwicklung und das zunehmend schlechte Gewissen der Weltöffentlichkeit den Deutschen gegenüber bildeten jenes Kapital, von dem die nationalsozialistische Regierung in den „Jahren der Anschlüsse“ zehren konnte. Die kollektive Sicherheit und der Völkerbund scheiterten an ihren eigenen Widersprüchen und an dem blanken Zynismus der alliierten Nachkriegspolitik, der dann von dem sacro egoismo der Jahre zwischen 1933 und 1939 abgelöst wurde. Zu viele Staaten glaubten in dieser Zeit ihre Interessen am besten zu fördern, wenn sie am Untergang des jeweiligen Nachbarn arbeiteten.
Daß Schultze-Rhonhof kein Historiker ist und ein im Vorwort auch ausdrücklich ausgesprochenes Mißtrauen gegen die Produkte besonders der deutschen Geschichtswissenschaft hegt, ist sowohl ein Vorteil wie ein Nachteil der Darstellung. Einerseits profitiert die Studie von der Unbefangenheit des Autors, andererseits hätte eine stärkere Auseinandersetzung mit der Fachliteratur ihren Wert steigern können. Der Autor begründet sein Mißtrauen ihr gegenüber mit dem Deutschlandvertrag, der die deutschen Historiker an die Lesart des Nürnberger Gerichtshofs binde, sie also über den Diensteid bis heute eigentlich dazu zwinge, die These von der deutschen Alleinschuld zu vertreten. Dies scheint dem Rezensenten eine gewagte Interpretation zu sein. Dennoch hat Schultze-Rhonhof ein Buch geschrieben, das einmal mehr die Ansicht bestätigt, Geschichte dürfe nicht nur den Fachhistorikern überlassen werden.
MEINUNG
»Wer sich informieren möchte, hat ein Problem: das meiste, was im Buchhandel angeboten wird, folgt der Version der Siegermächte – und die revisionistische Literatur, die es unter dem Ladentisch auch gibt, neigt dazu, Hitlers Politik zu beschönigen. Kaum jemand weiß, dass Deutschland bis heute vertraglich gebunden ist, sich an die Geschichtsversion der Siegermächte zu halten. (...) Die Verpflichtung Deutschlands, die eigene Geschichte durch eine fremde Brille zu sehen, wurde 1990 vertraglich verlängert! (...) Schultze-Rhonhof erzählt ganz einfach die Geschichte so, wie sie nach heutiger Quellenlage abgelaufen ist. Besonders spannend in diesem Buch ist die Analyse der so genannten Schlüsseldokumente, die in Nürnberg herangezogen wurden, um der Reichsführung und den Generälen eine langfristige Weltkriegsplanung nachzuweisen. (...) Das bisher beste Buch zum Thema, das man besonders auch jüngeren Leuten in die Hand drücken sollte.« — Dr. Bruno Bandulet
QUELLE
Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Stefan Scheil. Er schrieb kürzlich auf Facebook: »Gelegentlich werde ich gefragt, wie ich zu Gerd Schultze-Rhonhofs „Krieg der viele Väter hatte“ stehe. Hier die Besprechung aus der Jungen Freiheit von 2003. – Kann ich noch immer unterschreiben.« — Originaltitel der Rezension in der JF: „Differenzierte Betrachtungen. Gerd Schultze-Rhonhof stellt die immer noch brisante Frage nach den Ursachen des Zweiten Weltkrieges“.
DER REZENSENT
Stefan Scheil wurde 1963 in Mannheim geboren, hat Kindheit und Jugend in Ludwigshafen am Rhein verbracht und 1982 dort die Abiturprüfung abgelegt. Nach dem Wehrdienst studierte er ab 1984 in Mannheim, später in Karlsruhe die Fächer Philosophie, Geschichte und Soziologie. 1991 hat Scheil mit dem Abschluß Magister Artium (M.A.) die Universität verlassen und danach als Angestellter und als freier Journalist gearbeitet. 1997 wurde er in Karlsruhe mit einer Doktorarbeit über die Aktivitäten des politischen Antisemitismus in den Reichstagswahlen von 1881 bis 1912 zum Dr. phil. promoviert. Seit 1992 ist er als Journalist und Wissenschaftlicher Autor freiberuflich tätig. Als Wissenschaftler hat Dr. Stefan Scheil den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Internationalen Beziehungen in der Ära der Weltkriege und die Antisemitismus- und Holocaustforschung gelegt. Dazu hat er seit 1999 zahlreiche Bücher veröffentlicht, die deutschlandweit und international Aufsehen erregt haben. Dabei hat er mit angesehenen Verlagen und Stiftungen, sowie überregionalen Zeitungen zusammengearbeitet, unter anderem mit der Wochenzeitung Junge Freiheit und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Seit Beginn der 1990er Jahre wohnt Dr. Stefan Scheil wieder in der Pfalz, er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Felix Somary: Erinnerungen aus meinem Leben. NZZ Libro (2014)
Analytisch fundierte Prophezeiung
Erlebnissplitter und Geschichte kombiniert
Von Hubert Milz
Felix Somary (1881 – 1956) bietet dem Leser seiner Erinnerungen eine prickelnde Kombination aus individuellen Erlebnissplittern – in jungen Jahren waren dies vielfach Geschehnisse, die prägend für Somary waren – und der allgemeinen Geschichte, die alle Individualgeschichte überlagert, besonders im grauenhaften 20. Jahrhundert, in dessen Brennpunkte die Erinnerungen hochinteressante Einblicke liefern.
In den Erinnerungen finden sich die verschiedensten Anekdoten:
So erinnert sich Somary, dass er als Schüler daheim den Kopf gewaschen bekam, als er das Dienstpersonal lächerlich machte, indem er einen der Bediensteten nachäffte.
Auch das Geschehen um seine erste längere und schon anspruchsvolle „staatswissenschaftliche Schrift“ wird erzählt. Eine Schrift, die der Schüler Somary verfasst hatte und deren literarischen Quellen in der Bibliothek von Vater Somary verwurzelt waren.
Während der Studienzeit an der Universität Wien war Somary der letzte Privat-Assistent Carl Mengers gewesen, gerade diese Assistentenzeit wird das prägende Moment für Somarys spätere wissenschaftlich-weltanschauliche Ausrichtung gewesen sein: Konsequent in anti-inflationärer und liberaler Haltung und klarsichtig bezüglich kommender polit-ökonomischer Katastrophen.
Somary wurde kein Mann des Zeitgeistes und demzufolge kein modischer Keynesianer, sondern ein entschiedener Gegner des keynesianischen, etatistisch-interventionistischen Ungeistes.
Ludwig von Mises, Josef Schumpeter, Emil Lederer, Otto Bauer und Rudolf Hilferding waren u. a. Somarys Kommilitonen in Wien. Männer die auch später Somarys Lebensweg oftmals kreuzten – wichtige Austro-Liberale und führende Austro-Marxisten saßen also zusammen in denselben Seminaren und kreuzten schon als Studenten in Rededuellen die Klingen.
Die Erinnerungen schlagen sodann einen faszinierenden Bogen: Es werden die Zeiten Somarys im Bankwesen; der aktiven Beratungstätigkeit für die Mittelmächte im 1. Weltkrieg; der „nebenberuflichen wissenschaftlichen Arbeit“, aus welcher immerhin das auch heutzutage noch hochgelobte Buch „Bankpolitik“ und die Fortführung von Eugen von Philippovichs „Grundriss der politischen Ökonomie“ resultierten; die Warnungen hinsichtlich der ökonomischen und politischen Entwicklungen, z. B. vor der Weltwirtschaftskrise oder vor Hitler, nebst einem neuen Weltenbrand und viele andere Geschehen mehr – 2. Weltkrieg und die ersten Nachkriegsjahre – mittels einer ungheuer interessanten, persönlichen Sicht der Dinge offengelegt.
Diese Erinnerungen von Felix Somary lasen sich für mich wie die Hinterlassenschaft eines unerhörten „Orakels“, dessen Prognosen meist durch die Realität bestätigt worden sind – er war ein „Seher“, den die Menschen aber trotz seiner Trefferqualität nicht hören wollten.
Felix Somary hat, genau wie Ludwig von Mises, als „österreichisch“ geschulter Ökonom das Ende des Sowjet-Imperiums vorhergesagt, dabei aber auch angemerkt, dass das westliche System des sog. „real existierenden Kapitalismus“ sich nur „Sekunden“ nach dem Zusammenbruch des Sowjet-Imperiums zum Sterben niederlegen wird.
Auch diese analytisch fundierte Prophezeiung wird kaum jemand der Nutznießer dieses „etatistisch-interventionistischen Systems“ der sog. westlichen „Liberal-Demokratien“ zur Kenntnis genommen haben, zur Kenntnis nehmen oder zukünftig zur Kenntnis nehmen wollen. Dies bestätigt ein kurzer Blick ins alltägliche politische Geschehen.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
T
Rahim Taghizadegan: Alles, was Sie über die Österreichische Schule der Nationalökonomie wissen müssen: Eine Einführung in die Austrian Economics. FinanzBuch Verlag (2016)
Appetit auf eine Vertiefung
Hinführung anhand relevanter Stichworte
Von Hubert Milz
Der Autor Rahim Taghizadegan (RT) hat mit diesem Buch eine Hinführung zur Österreichischen Schule der Nationalökonomie vorgelegt. Eine Einführung, die anhand relevanter Stichworte einfach und plakativ wichtige Begriffe der Österreichischen Schule der Nationalökonomie kurz und prägnant erklärt und auflistet.
Mehr soll das Buch nicht leisten – und genau diesen Anspruch erfüllt das Buch. Das Buch von RT soll Appetit machen auf eine vertiefende Beschäftigung mit der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Ein Appetit, den das Buch wecken kann; denn RT fächert durch die Auswahl der Stichworte die große Breite der Österreichischen Schule der Nationalökonomie auf, die eben nicht „Nur-Ökonomie“ in dem Sinne ist, wie Ökonomie heutzutage meistenteils im Hochschulbereich gelehrt wird.
Friedrich August von Hayek, einer der wichtigen Theoretiker der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, hat öfters gemahnt, dass ein Nur-Ökonom per se ein schlechter Ökonom ist; ein Nur-Ökonom kann im Rahmen seiner beruflichen Stellung sogar eine Gefahr für ein Gemeinwesen sein; wer also kein Nur-Ökonom sein will, der hat sich zumindest umfassend mit Staatslehre, Jurisprudenz, Psychologie, Geschichte und Philosophie zu befassen. Und exakt dieser Anspruch Hayeks an den Ökonomen spiegelt sich in diesem Buch durch die Stichwortauswahl von RT glänzend wider.
Prof. Guido Hülsmann schreibt in seinem Vorwort zu diesem Buch, dass er sich eine solche Hinführung zur Österreichischen Schule der Nationalökonomie in jungen Jahren gewünscht hätte. Ich kann mich Prof. Hülsmann nur anschließen, so eine Hinführung hätte ich 1978 auch gerne gehabt, stattdessen habe ich mir die Lehren der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, an welchen ich mehr oder weniger als Student damals nur rein zufällig riechen durfte, im Selbststudium erarbeiten müssen. Ein Buch wie dieses von RT zur Hand, und die vertiefende Lektüre und Auseinandersetzung mit den Klassikern der Österreichischen Schule der Nationalökonomie wäre mir sicherlich leichter von der Hand gegangen.
Wie RT im Buch schreibt, ist das Buch auf Wunsch des FBV-Verlages verfasst worden. Einige Rezensenten und Kommentatoren regen sich über den Titel des Buches auf: „Alles, was Sie über die Österreichische Schule der Nationalökonomie wissen müssen“. Mit diesem Titel zeige sich bei RT eine herablassende, verletzende Arroganz. In der Regel gibt ein Verlag bei einer Auftragsarbeit auch den Titel für die Publikation vor, so dass jene Äußerungen nur Unterstellungen sein können, die aus „Anmaßung von Wissen“ (Hayek) resultieren. Für eine derartige Auftragsarbeit zu diesem Thema ist RT prädestiniert; denn er beschäftigt sich seit mehr als zwanzig Jahren intensiv mit der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und hat mit dem Buch „Wirtschaft wirklich verstehen“ gezeigt (Anmerkung: Dieses Buch ist auch beim FBV-Verlag erschienen), dass er (RT) die seltene Gabe besitzt, hochkomplexe Themen und Theorien in einfacher Form und trotzdem auf hohem Niveau darzustellen. Dies ist eine Gabe, die im akademischen Umfeld nicht oft zu finden ist. Häufig habe ich gerade bei Akademikern das Gefühl, als ob diese unter komplex gleich kompliziert verstehen und deswegen auch bei einführenden Abhandlungen in ein Sachgebiet unbedingt den kompliziertesten Einstieg, den sie finden konnten, gewählt haben.
Fazit: Das Buch ist eine schöne, stichwortartige Hinführung, eine gute Einführung in die Lehren der Österreichischen Schule der Nationalökonomie – ein Buch, welches den Wunsch nach Vertiefung mit dieser Schule weckt – so wurde es mir zumindest durch Leser signalisiert, die vorher noch nie mit der Österreichischen Schule der Nationalökonomie in Berührung gekommen waren.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
Rahim Taghizadegan: Wirtschaft wirklich verstehen. Einführung in die Österreichische Schule der Ökonomie. FinanzBuch Verlag (2011)
Ökonomie für lebendige Menschen
Schuldenmachen bringt keinerlei Wohlstand hervor
Von Hubert Milz
Rahim Taghizadegan hat ein Buch vorgelegt, mit dem Untertitel: „Einführung in die Österreichische Schule der Ökonomie“. Dieses Buch ist jedem zu empfehlen, der die Wirtschaft – so wie im Titel gefordert – auch wirklich verstehen will. Denn das Buch ist tatsächlich eine Einführung in die Ökonomie, weil Rahim Taghizadegan auf der Basis des gesunden Menschenverstandes in der verbalen Schritt-für Schritt-Analyse, welche von Ökonomen „der Österreichischen Schule der Ökonomie“ beherrscht und bevorzugt wird, argumentiert. Das ist besonders wohltuend im Vergleich mit den einführenden VWL-Lehrbüchern, die standardmäßig von den Mainstream-Ökonomen an den Hochschulen empfohlen werden und doch nichts anderes sind, als irreal-mathematische Spielereien des rationalistischen Irrwegs mit der Kunstfigur des „homo oeconomicus“.
Rahim Taghizadegan zeigt:
... wie Menschen handeln und was aus den Handlungen folgt;
... dass jeder Mensch individuelle Wertvorstellungen und Präferenzen, diese sind im Zeitverlauf nicht konstant und indifferent, hat;
... dass das menschliche Handeln die Signale sind, welche andere Menschen, die fremd und unbekannt sind, Botschaften übermitteln;
.... dass diese Botschaften eine Basis der Preisbildung sind;
... dass die Preise von gestern Signalfunktion für das Handeln von heute haben;
... dass die wirtschaftspolitischen Interventionen der Politik Anmaßung sind und letztendlich ins Leere laufen (auch wenn die Interventionen gut gemeint sind: Gut gemeint ist im Ergebnis eben nicht gut!)
... dass das staatliche Geldmonopol von der Politik zum Schaden der Menschen missbraucht wird;
... dass die staatliche Geldpolitik mittels dem Transmissionsriemen „Zentralbank-Teilreservebanken“ zu Verwerfungen und Verzerrungen führt und letztendlich für die Konjunkturzyklen verantwortlich zu machen ist;
... dass Wohlstand nicht durch Konsum entsteht, sondern aus der gelungenen Kombination Arbeit – Sparen (= Konsumverzicht) – Investieren der Stock an Kapitalgütern entsteht, welcher erst die Tretmühle des Alltags erleichtert und für mehr Wohlstand sorgt; usw.
Das Buch hebt sich wohltuend ab von den Schwarten der Mainstream-Ökonomen, die z. B. im Konsum durch Schuldenmachen den Weg zum Wohlstand sehen. Hierzu bemerkte Prof. Hoppe einmal, dass man einem aufgeweckten Kind im Kindergarten innerhalb von wenigen Minuten klar machen kann, dass Schuldenmachen und Konsumieren keinerlei Wohlstand hervorbringen – leider glauben 99 Prozent der sog. Ökonomen auch und insbesondere die angeblichen ökonomischen Cracks/Koryphäen genau diesen Unsinn des Schuldenmachens und Konsumieren. Dieses Denken liegt an rationalistischen Irrwegen, die Rahim Taghizadegan in diesem Buch einleuchtend offenlegt und klar widerlegt.
Fazit: summa cum laude ist die angemessene Wertung für dieses Buch.
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.
W
Karlheinz Weißmann: Kulturbruch '68: Die linke Revolte und ihre Folgen. JF Edition (2018)
Nihilistischer Kulturmarxismus
Von „1968“ logisch zum Terror der RAF
Von Hubert Milz
Karlheinz Weißmann gilt als einer der wichtigsten Rechtsintellektuellen der Bundesrepublik. Der promovierte Historiker und Gymnasiallehrer ist Verfasser mehrerer Bücher und regelmäßiger Autor der konservativen Wochenzeitung „Junge Freiheit“. In seinem neuen Buch rechnet Weißmann mit den Protagonisten der sogenannten 1968er Revolution ab und analysiert deren Folgen für unser Gemeinwesen.
Zunächst wird deutlich, dass die Ideen, aus denen sich „1968“ speist, nicht wirklich neu waren – nur neu verpackt. So kamen Strömungen an die Oberfläche, die in der abendländischen Kulturgeschichte unterirdisch präsent waren, ab und an ausbrachen, doch zumeist, wenn sie irgendwo regional Macht und Wirkung zeigten, katastrophal scheiterten.
Doch warum waren es gerade die Wohlstandskinder der ersten Nachkriegsgeneration, die jene alten Konzepte in neuem Gewand zu einer augenscheinlich erfolgreichen Revolte werden ließen? Vielleicht war es gerade besagter Wohlstand - gepaart mit Verantwortungslosigkeit -, die es jenen verwöhnten jungen Leuten ermöglichte, überkommene Traditionen zu unterminieren und die Kardinal- und Sekundärtugenden, welche einst den Erfolg des alten Abendlandes ausmachten, in Frage zu stellen.
Weißmann zeigt auf, dass eine Weggabelung von „1968“ logisch zum sogenannten „deutschen Herbst“ – dem Terror der RAF – führte. Im Werk von Herbert Marcuse, einer der Vordenker der sogenannten „Frankfurter Schule“, einer der Protagonisten der „Kritischen Theorie“ also, sind alle diese Keime brutaler, menschenverachtender Gewalt bereits angelegt. Ebenso vorgezeichnet ist besagte Tendenz in den Reden und Schriften eines Rudi Dutschke, der Galionsfigur von „1968“ wenn auch gezeigt wird, dass Dutschke vor diesem letzten Schritt zurückschreckte …
Bedingt durch Echo und Reaktion auf die RAF bevorzugten nicht wenige Aktivisten der Revolte den angenehmeren „Marsch durch die Institutionen“. Sie erlangten sichere staatliche Pfründe im Wissenschafts-, Erziehungs- und Kulturbetrieb, konnten gut und komfortabel leben, weiterhin ihre Zielsetzungen verfolgen und haben nach nunmehr fünfzig Jahren die wichtigen Schalthebel in der Hand. Für die Heranbildung von Schülern und Studenten folgen daraus verheerende Konsequenzen, was sich in Lehrplänen wie Medienanstalten widerspiegelt, deren kulturmarxistisch-nihilistischer Einfluss auf die veröffentlichte Meinung unverkennbar ist.
Doch jenes gewalttätige „1968“ mit Straßenkampf und brutalem RAF-Terror ist gescheitert. Hingegen waren die Truppenteile, die den „Marsch durch die Institutionen“ antraten, weitgehend erfolgreich darin, die in mehr als zwei Jahrtausenden gewachsene abendländische Kultur zu zersetzen, ja in Teilen zu zerstören. Diese kulturmarxistische Bewegung hat sich – so scheint es zumindest auszusehen – dauerhaft etablieren können. Doch welcher Art ist der dadurch erzielte Erfolg?
Hat „1968“ etwas Neues an die Stelle des Alten gesetzt? Oder ist das Überlieferte, gemäß den Vorgaben der Kritischen Theorie, nicht einfach nur durch sogenanntes Hinterfragen zersetzt worden? Neue Werte sind jedenfalls nicht zu erkennen; an die Stelle des Alten traten roher Materialismus, billiger Konsumismus, Relativismus und Hedonismus. Sicher ist, der Nihilismus von „1968“ hinterlässt ein Vakuum. Doch welcher Inhalt wird diese Leere bezwingen?
DER REZENSENT
Hubert Milz wurde 1956 geboren, arbeitete nach dem Studium mehr als drei Jahrzehnte in der Energiewirtschaft und ist nun Rentner im Unruhestand.