220 Millionen Euro für Zeitungsverlage aus dem Bundeshaushalt

— Foto: Moritz320/Pixabay

So lassen sich Zeitungen käuflich machen

Auch die Vierte Gewalt „an den Staatstropf gehängt“

Von Dr. Klaus Peter Krause. — 4. Juli 2020

220 Millionen Euro für Zeitungsverlage aus dem Bundeshaushalt – Beschlossen vom Bundestag im Nachtragshaushalt – Die Subventionierung wird der Glaubwürdigkeit der Blätter zusätzlich schaden – Bisher schon Gefälligkeitsanzeigen, die Wohlverhalten honorieren – Von 2015 bis 2019 Regierungsanzeigen für 184,74 Millionen Euro – Aus bisher nur verdeckter wird jetzt auch offene Subventionierung – Aus Verschämtheit wird Schamlosigkeit – Selbstgleichschaltung anstelle von Gleichschaltung auf Anweisung

Zeitungen und Zeitschriften werden mit Steuerzahlergeld jetzt offen subventioniert. Diese Subvention ist ein Ausgabeposten im Nachtragshaushalt. Beschlossen hat ihn der Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD am 2. Juli. Erhalten sollen das Geld Verlage, die Zeitungen, Zeitschriften und Anzeigenblätter herausgeben. Für das laufende Jahr sind 20 Millionen Euro vorgesehen, in den Folgejahren zusammen 200 Millionen. Mit dem Geld wollen die Parteien der großen Koalition den Absatz und die Digitalisierung der Verlage unterstützen. Die Subvention soll dazu beitragen, die Vielfalt und Verbreitung der Medien zu erhalten. Klingt harmlos, ist es aber nicht. Jetzt werden auch die an den Staatstropf gehängt, die als „vierte Gewalt“ die anderen drei Gewalten – Legislative, Exekutive, Judikative – unabhängig und kritisch begleiten und zügeln helfen sollen.

Die Subventionierung wird der Glaubwürdigkeit zusätzlich schaden

Wenn die Verlage das Geld annehmen, setzen sie ihre Blätter dem Verdacht aus, die Unabhängigkeit von Berichterstattung und Kommentierung nicht mehr überzeugend vertreten zu können. Die Mainstream-Blätter haben an Vertrauen ohnehin schon eingebüßt und auch daher Leserscharen verloren. Die Subventionierung wird ihrer Glaubwürdigkeit nun zusätzlich schaden. Sie selbst haben dieses Los dann zwar verdient, nicht aber ihre Leser, die unabhängige Informierung beanspruchen sollten. Oder wird dieser Anspruch von vielen schon gar nicht mehr gestellt, weil sie im Lager der Gesinnungsethiker gelandet sind und lieber Gesinnung statt verantwortungsvolle Darstellung des Geschehens vermittelt bekommen wollen?

Bisher schon Gefälligkeitsanzeigen, die Wohlverhalten honorieren

Noch ist nicht bekannt, wer von dem Subventionsgeld wieviel bekommt: „Wie die Summen genau verteilt werden, ist noch nicht benannt worden“, stand in der FAZ zu lesen.*) Das wollen wir Bürger aber unbedingt erfahren, nämlich: welcher Betrag, für welche Zeitung, für welchen Zeitraum. Diese Transparenz ist herzustellen. Die schönen Jahre, in denen die Zeitungen glänzend mit ihrem Anzeigengeschäft verdient haben, sind seit 2003/2004 vorbei. Vor allem den überregionalen Blättern ist dieses Geschäft weggebrochen. Leserschwund, Anzeigenschwund – wie halten sich die Blätter trotzdem über Wasser? Ja, sie haben rigoros Kosten gesenkt, umstrukturiert, die Zahl ihrer Mitarbeiter dezimiert. Aber gut geht es ihnen trotzdem nicht. Immer wieder tauchten und tauchen in Mainstream-Blättern Großinserate auf, bei denen man den Verdacht nicht loswird, dass es sich um Gefälligkeitsanzeigen handelt, die Wohlverhalten honorieren. Es sind Inserate der Bundesregierung, ihrer Ministerien, auch von Wirtschaftsverbänden und von Großunternehmen.

Von 2015 bis 2019 Regierungsanzeigen für 184,74 Millionen Euro

Der Verdacht ist nicht aus der Luft gegriffen. Lesen Sie hierzu den Beitrag des Journalisten Boris Reitschuster**) „Wie die Regierung heimlich Medien finanziert“ (hier). Danach zahlte sie für Anzeigen in den Druck-, Online- und TV-Medien allein in den vergangenen fünf Jahren (2015 bis 2019) 184,74 Millionen Euro. Mitgeteilt hat dies das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung am 27. Mai 2020 auf eine parlamentarische Anfrage des (parteilosen) Bundestagsabgeordneten Mario Mieruch. Der Verdacht, so Reitschuster, sei nicht von der Hand zu weisen, „dass es sich hier um eine Art verdeckte Subvention und eine Art Tauschgeschäft handelt für die einst stolze und heute massiv angeschlagene Branche, der die Kunden davonschwimmen. Die Regierung gibt den Medien, die nicht in den Genuss von Gebühren kommen wie ARD, ZDF und Co., über den Umweg Reklame eine kräftige Millionen-Finanzspritze“. Reitschuster zitiert Mieruch: „Wenn Politik und Medien aber zum gegenseitigen Selbsterhalt eine Symbiose eingehen, wird Journalismus zu Propaganda. Damit haben wir in Deutschland nun wirklich genug schlechte Erfahrungen gemacht.“

Aus bisher nur verdeckter wird jetzt auch offene Subventionierung

Die Zeitungsverlage geben über solche Gefälligkeitsanzeigen verständlicherweise keine Auskunft. Von der Regierung ist es bisher eine Unterstützung der verschämten Art. Von nun an handelt es sich – vermutlich zusätzlich – um eine offene Subventionierung. Aus Verschämtheit wird Schamlosigkeit. So lassen sich Zeitungen käuflich machen. Das kann nicht gutgehen. Der Sündenfall ist nun endgültig geschehen. Ohnehin haben Subventionen die Eigenschaft, auszuufern und sich zu verstetigen.

Selbstgleichschaltung anstelle von Gleichschaltung auf Anweisung

Der Online-Finanz- und Wirtschaftsdienst MMNews von Michael Mross schreibt zum gleichen Thema: „Warmer Geldregen für servile Medien. Wie glaubwürdig sind Medien, die am Staatstropf hängen? Wer aber soll Medien noch ernst nehmen, die an der Finanzspritze der Regierung hängen? Wird mit Hunderten Millionen servile Berichterstattung erkauft? Pikant: Die SPD ist über die „Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft“ (DDVG) selbst an zahlreichen siechenden Verlagen beteiligt.“ Die Gleichschaltung finde heute nicht mehr auf Anweisung statt sondern oder in vorauseilendem Gehorsam als sogenannte Selbstgleichschaltung. Der ganze Beitrag hier.

ANMERKUNGEN

*) FAZ vom 3. Juli 2020, Seite 13: „Förderung der Vielfalt. Bund unterstützt Presse mit 220 Millionen Euro“. Hier findet sich auch der Hinweis, dass ursprünglich anders subventioniert werden sollte: „Ursprünglich hatte die Koalition geplant, speziell die Zustellung von Zeitungen und Anzeigenblättern zu unterstützen. Im Haushalt 2020 waren dafür vierzig Millionen Euro vorgesehen, Zeitschriften waren nicht berücksichtigt worden. Diese Förderung entfällt.“
**) Boris Reitschuster über sich selbst: „In 16 Jahren als Korrespondent in Moskau bin ich allergisch geworden gegen Ideologen, Sozialismus-Nostalgiker und Journalisten-Kollegen, die brav die Regierung loben und umso heftiger die Opposition kritisieren. Auf meiner Seite hier will ich einen Kontrast setzen zum ‚betreuten Informieren‘.“ „In 16 Jahren als Korrespondent in Moskau bin ich allergisch geworden gegen Ideologen, Sozialismus-Nostalgiker und Journalisten-Kollegen, die brav die Regierung loben und umso heftiger die Opposition kritisieren. Auf meiner Seite hier will ich einen Kontrast setzen zum ‚betreuten Informieren‘.“ Näheres zu seiner Person finden Sie hier: Boris Reitschuster.

DER AUTOR

Dr. Klaus Peter Krause wurde 1936 in Rostock geboren. Vater Rechtsanwalt und Notar, Mutter gelernte Sportlehrerin und Hausfrau. Aufgewachsen in Bützow und Neustrelitz. 1945 Flucht nach Schwerin. 1946 von Schwerin nach Lübeck zur väterlichen Verwandtschaft. Dort Weiterbesuch der Volksschule, dann Katharineum-Gymnasium bis 1957 zum Abitur. Bis 1959 kaufmännische Lehre als Industriekaufmann und anschließend Studium der Wirtschaftswissenschaften in Kiel und Marburg. Abschluß als Diplom-Volkswirt mit Promotion zum Dr. rer. pol. Gleich danach zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dort Wirtschaftsredakteur von 1966 bis Ende 2001, davon seit 1991 knapp elf Jahre verantwortlich für die FAZ-Wirtschaftsberichterstattung. Daneben von 1994 bis Ende 2003 auch Geschäftsführer der Fazit-Stiftung, die die Mehrheit an der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH und der Frankfurter Societäts-Druckerei hält. Seit 2004 als selbständiger Journalist, Publizist und Autor tätig. Verheiratet seit 1966. Ehefrau Lehrerin. Kinder: Zwei Söhne, eine Tochter. (freiewelt.net)
Den Beitrag „So lassen sich Zeitungen käuflich machen“ stellte uns Dr. Klaus Peter Krause – auch Mitglied der F. A. von Hayek-Gesellschaft – freundlicherweise für die Veröffentlichung auf unserer Webseite zur Verfügung.

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