Bericht vom Vortrag von Prof. Erich Weede „Der Krieg in der Ukraine“

Frei und druckreif am Mikrofon: Prof. Erich Weede, mit auf dem Podium Dr. Reinhard Günzel — Foto: Hayek-Verein

Was bedeutet Krieg im Atomzeitalter?

Ein Konfliktforscher zur gegenwärtigen Blockkonfrontation, zur nuklearen Abschreckung und zum weiteren Aufstieg Chinas

Aus unserer Redaktion. — Dresden, 28. April 2023 — UPDATE: Verlinktes Video von der Veranstaltung siehe unten.

Prof. Erich Weede war am Donnerstag, dem 27. April 2023, im Gasthof Weißig Gast unseres Vereins. Prof. Weede (Jahrgang 1942) ist Soziologe, Psychologe und Politikwissenschaftler. Forschungsschwerpunkte während seiner wissenschaftlichen Laufbahn sind die Gewaltanfälligkeit von Gesellschaften sowie Kriegsursachen und Kriegsverhütung. Er hat über 200 wissenschaftliche Arbeiten verfaßt, darunter Zivilisationsvergleiche unter besonderer Berücksichtigung Asiens, über Konfliktforschung und Gewaltanwendung. Prof. Weede ist Mitglied mehrerer internationaler politischer Gesellschaften und er wurde 2012 mit der Hayek-Medaille der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft ausgezeichnet.

Diese knappe Auflistung zeigt mehr als deutlich, dass wir zum Vortragsabend unter dem Thema „Der Krieg in der Ukraine. Können wir angstfrei mit dem nuklearen Eskalationsrisiko leben?“ einen in besonderer Weise kompetenten Referenten gewinnen konnten.

Krieg beunruhigt viele Menschen

Der einzige Wermutstropfen des Abends bestand wohl darin, dass die Zuhörerzahl etwas hinter den Erwartungen zurückblieb. Die gegenwärtig ausgetragene kriegerische Auseinandersetzung beunruhigt zwar viele Menschen, scheint aber auch manchen mit Lähmung und Verdrängung reagieren zu lassen.

Dr. Reinhard Günzel begrüßte Prof. Weede herzlich auf dem Podium und übergab dann gleich das Mikrofon für einen ohne Manuskript frei und druckreif gehaltenen Vortrag.

Nachdem sich Prof. Weede seinen Hörern kurz als Wanderer durch die Sozialwissenschaften und als Kriegsursachenforscher beschrieben hatte, fesselte er sein Publikum gleich mit einer Frage, was das Thema des Vortrags mit Hayek zu tun habe. Er gab die Antwort: nichts. Und das war zwar überraschend, aber auch in gewisser Weise folgerichtig, denn Prof. Weede wandte sich dann ohne Umschweife der Frage zu: Was bedeutet Krieg im Atomzeitalter?

Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden wir demnächst auf dieser Webseite die Ton- und Film-Aufzeichnung des Vortrags von Prof. Erich Weede anbieten können. Deshalb soll sein Vortrag hier nicht aus einigen Notizen protokolliert werden. Beschränken wir uns auf einige Stichpunkte.

Nuklearpotenzial und Wirtschaftskraft

Der Ausgangspunkt von Prof. Weede für die Beurteilung der weltpolitischen und auch der zukünftigen Lage war in gewisser Weise überraschend. Er betrachtet die Kräfteverhältnisse mit den beiden Komponenten Nuklearpotenzial und Wirtschaftskraft. Die nukleare Bewaffnung spielt ja in den Tagesnachrichten kaum eine Rolle, Prof. Weede bezog sie aber konsequent in seine Überlegungen ein.

Die Blockkonfrontation ähnlich wie im Kalten Krieg wird durch nukleare Abschreckung und einen Wirtschaftskrieg beschrieben. Deutschland spielt nur eine untergeordnete Rolle, da es nicht über Nuklearwaffen verfügt. China wird wohl sein Atomarsenal ausbauen und auf Augenhöhe mit den USA bzw. dem Westen aufrücken, was es wirtschaftlich bereits erreichen konnte. Prof. Weede beschrieb die Interessen der beteiligten Blöcke und Möglichkeiten für Waffenstillstandsverhandlungen.

Die „Machtlosigkeit“ des Kapitals

Aus einer anschließenden ausführlichen Fragerunde blieb vor allem die Antwort von Prof. Weede haften, als er gefragt wurde, wer den Ton angäbe: die großen Kapitalkräfte oder die politischen Regime. Zur Überraschung schätzte er den Einfluß großer Finanz- und Wirtschaftsunternehmen geringer ein als die politische Steuerung durch Parlamente oder Regierungen. Für diese gewisse „Machtlosigkeit“ des Kapitals führte Prof. Weede den Wahlsieg von Trump 2016 an. Ein erneuter Wahlsieg von Trump könnte den Krieg beenden. Ansonsten gelte: „Politiker sind ihrem Wesen nach für große Fehler gut.“

Mit lebhaftem Beifall dankten die Zuhörer der denkwürdigen Veranstaltung; und auch wir danken an dieser Stelle nochmals herzlich Herrn Prof. Erich Weede für seine Reise nach Dresden und seine wertvollen Einschätzungen der aktuell beunruhigenden Weltlage.

DAS VIDEO VON DER VERANSTALTUNG

Prof. Dr. Erich Weede: Der Krieg im Atomzeitalter – Gedanken zur Eskalationstheorie
am 27. April 2023 im Gasthof Weißig

 

 

 

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