Dr. Günter Dedié: „Zweite Welle“ der Aufklärung ist dringend notwendig

Den primären Einfluss auf das Erdklima hat die Sonne. — Foto: Gerd Altmann/Pixabay

Aufklärung 2.0 am Beispiel des Klimawandels

Angesichts der zunehmenden Herrschaft quasi-religiöser Ideologien in den westlichen Staaten und besonders ausgeprägt in der Bundesrepublik, ist eine „zweite Welle“ der Aufklärung dringend notwendig. Dafür ist das Beispiel des Klimawandels sehr gut geeignet.

Von Dr. Günter Dedié. — Landkreis Rottal-Inn, 7. Mai 2022

Das Ziel der Aufklärung war, religiösen Glauben durch empirisches Wissen zu ersetzen, damit die Bürger mündig werden können. In den westlichen Gesellschaften haben sich aber in den letzten Jahrzehnten mehrere neue quasi-religiöse Ideologien etabliert, die wieder auf „Glauben statt Wissen“ beruhen, z. B. die Euro-Schuldenwirtschaft, die Klimahysterie, die Massenmigration und die Corona-Hysterie.

Die Aufklärung ist durch die Unterrichtung und Verbreitung von gültigem Wissen statt religiösem Glauben und quasi-religiösen Ideologien gekennzeichnet. Wegen der wachsenden Dominanz von neuen Ideologien ist eine neue, zweite Aufklärung dringend notwendig. Sie muss das gültige Wissen zur Pflicht machen und den Glauben an Ideologien verdrängen.

Eine grundsätzliche Frage ist dabei: Wie kann man gültiges Wissen von ideologisch manipuliertem Wissen unterscheiden?

Die Antwort dazu lautet wie folgt: Bei demokratischen Entscheidungen geht es um die Mehrheit von Meinungen. Ob eine subjektive Meinung wie „Grün ist die schönste Farbe“ oder eine objektivierbare Aussage wie „2 + 2 = 4“ falsch oder richtig ist, kann aber nicht demokratisch entschieden, sondern muss verifiziert werden. Auch die Behauptung, dass „90 Prozent der Experten“ einer bestimmten Meinung sind, sagt wenig darüber aus, ob diese anonyme Mehrheitsmeinung wissenschaftlich falsch oder richtig ist.

Naturwissenschaftler glaubten an den Äther

Ein bekanntes historisches Beispiel für eine Mehrheitsmeinung war die Hypothese vom Äther, der den Weltraum erfüllen und der Träger der elektromagnetischen Wellen sein sollte, so wie die Luft der Träger der Schallwellen ist. Im 19. Jahrhundert haben die meisten Naturwissenschaftler an den Äther geglaubt.

Trotzdem war diese Hypothese falsch, wie Albert Einstein 1905 mit einem einzigen Gegenbeispiel, der Speziellen Relativitätstheorie, gezeigt hat. An diesem Beispiel sieht man auch, dass die Prominenz oder der Titel eines Forschers keine Rolle spielen, denn Einstein war damals nur „technischer Experte 3. Klasse“ beim Schweizer Patentamt in Bern. Aber noch 1931 erschien das Buch »100 Autoren gegen Einstein«, in dem die Verfasser darlegten, warum Einsteins Relativitätstheorie unglaubwürdig und unlogisch sei. Einstein soll dazu nur gesagt haben: „Wieso 100? Einer hätte genügt.“

Der Klimawandel ist ein gutes Beispiel für die enorme Bedeutung der Aufklärung, weil die Möglichkeit der Klimakatastrophe durch CO₂ von einer einzigen Zahl abhängt, der Klimasensitivität des CO₂. Gibt es auch in diesem Fall ein Gegenargument wie im Fall des Äthers? Die Klimasensitivität ist definiert als Erhöhung der mittleren Temperatur der Erdoberfläche bei der Verdoppelung des CO₂-Gehalts der Atmosphäre, aktuell von 400 ppm auf 800 ppm.

Mit fehlerhaften Klimamodellen die Gesellschaft konditioniert

Der Glaube an die Klimakatastrophe wurde ausgelöst durch den raschen Anstieg des CO₂-Gehalts der Atmosphäre ab 1950 von 280 auf 410 ppm. Das würde die Zukunft der Welt gefährden, sagten „90 Prozent der Experten“. Der sachliche Grund dafür war aber, dass erste fehlerhafte Klimamodelle vor 20 bis 30 Jahren eine Klimasensitivität des CO₂ von 4 bis 6 °C ergeben hatten, und damit die Gesellschaft konditioniert wurde. Auf diesen Zug sind viele Katastrophen-Profiteure aus Politik und Wirtschaft aufgesprungen. Da man wegen des drohenden Weltuntergangs keine Zeit mehr zu haben glaubte, wurde eine hektische Energiewende, Zertifikate und Steuern für CO₂-Emissionen uva. beschlossen. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass die Klimasensitivität nur ca. 1 °C beträgt.

Begründung: Den primären Einfluss auf das Erdklima hat die Sonne. Ändert sich ihre Energieausstrahlung, so ändert sich die Temperatur auf der Erde. Ein Beispiel dafür sind die Veränderungen des Klimas nach der letzten Eiszeit bei relativ konstantem CO₂-Level und die Erwärmung um ca. 1 °C nach der Kleinen Eiszeit von 1850 bis 1950. In der Atmosphäre wirken die Treibhausgase H₂O, CO₂ usw. als Wärmedämmung für die Erde. Die Temperatur der Erdoberfläche stellt sich so ein, dass die Einstrahlung von der Sonne und die Abstrahlung der Erde im Gleichgewicht und gleich groß sind.

Wärmedämmung durch CO₂ wächst sehr viel langsamer

Von 1950 bis in die Gegenwart ist der CO₂-Gehalt durch das von der Menschheit erzeugten CO₂ sehr schnell auf ca. 410 ppm angestiegen. Die Wärmedämmung durch CO₂ und damit auch die mittlere Erdtemperatur wächst aber nicht proportional mit dem Gehalt des CO₂, sondern sehr viel langsamer. Diese abnehmende Wirkung einer Wärmedämmung kann man durch einen Vergleich mit der Wärmedämmung von Gebäuden veranschaulichen: Die Wärmeverluste halbieren sich bekanntlich mit jeder Verdoppelung der Wärmedämmung, da die Wirkung der zusätzlichen Wärmedämmung umso geringer ist, je besser die Dämmung insgesamt ist.

Treibhauswirkung des CO₂: eigene Grafik nach https://edmhdotme.wordpress.com/2014/09/page/1/

 

Man erkennt daran folgendes:

▬ Die ersten 100 ppm CO₂ machen bereits 67 % der Treibhauswirkung des CO₂ aus.

▬ Mit dem CO₂-Gehalt von 410 ppm werden bereits ca. 87 % der maximal möglichen Treibhauswirkung durch CO₂ ausgeschöpft.

▬ Die Klimasensitivität des CO₂ beträgt ca. 1 °C. Das kann man aus dem Diagramm und dem „natürlichen“ Treibhausbeitrag des CO₂ 1950 berechnen (26 % des gesamten Treibhauseffekts von 34 °C)

▬ Der Anstieg des CO₂ nach der kleinen Eiszeit von 280 auf 410 ppm hat die Welttemperatur um etwa 1°C erhöht.

▬ Ein weiterer Anstieg des CO₂-Gehalts auf bis zu 1000 ppm und mehr kann nur noch eine Erhöhung der Temperatur von ca. 1,3 °C bewirken. (Erst oberhalb von 3000 ppm ist diese Art der Berechnung der Treibhauswirkung des CO₂ nicht mehr anwendbar.)

Auch aus der Strahlungsbilanz in der Atmosphäre ergibt sich die Klimasensitivität des CO₂ zu ca. 1 °C (Professor Will Happer, Princeton, Deutscher Bundestag, Ausschussdrucksache 19(16)589-J vom 21.6.2021).

Kipppunkte des Klimasystems werden nicht erreicht

Wegen dieser relativ geringen zukünftigen Temperaturerhöhung durch CO₂ spielen verstärkende oder abschwächende Rückkopplungen wie die von CO₂ mit Wasserdampf, Wolken und Eis nur eine geringe Rolle und die sog. Kipppunkte des Klimasystems werden nicht erreicht.

Begründung: Die Baumgrenze fossiler Bäume, die immer wieder mal von den abschmelzenden Alpengletschern freigelegt werden, zeigen, dass es bspw. in der römischen Warmzeit noch um ca. 1° C wärmer war als in der Gegenwart. Das Klima ist damals trotzdem nicht „gekippt“.

Mit der Untersuchung der Jahresringe dieser bis zu 10.000 Jahre alten fossilen Baumreste wurde inzwischen festgestellt, dass es in den Jahrtausenden seit der letzten Eiszeit um bis zu 1,8 Grad wärmer war als heute (Christian Schlüchter, 2021). Die Baumgrenze lag um bis zu 300 Meter höher. Die Kleine Eiszeit war übrigens die kälteste Zeit nach der letzten (großen) Eiszeit vor 10.000 Jahren. Die Gletscher hatten 1850 ihre größte Ausdehnung seit dem Ende der letzten Eiszeit. Das war nicht nur in den Alpen so, sondern wurde auch mit Funden in Kanada und der Antarktis bestätigt.

Es wird keine Klimakatastrophe geben

Ergebnis: Es zeigt sich, dass die Klimasensitivität der frühen Klimamodellierungen, die zum Narrativ der Klimakatastrophe durch CO₂ geführt haben, falsch war: Die Klimasensitivität des CO₂ beträgt offenbar nicht 4 bis 6 °C, sondern nur ca. 1 °C. Bezogen auf das von den Menschen freigesetzte CO₂ wird das Pariser Klimaziel deshalb bereits durch die Physik der Wärmeleitung in der Atmosphäre gewährleistet. Wenn das nicht konsequent verschwiegen würde, wären weitere nutzlose Diskussion über „katastrophale“ Klimafolgen und die gesamte Hektik der Energiewende sowie andere monströse staatliche Maßnahmen zur Vermeidung der „Klimakatastrophe“ unnötig, weil es aufgrund des Anstiegs des CO₂ keine Klimakatastrophe geben wird.

DER AUTOR

Dr. Günter Dedié, Jahrgang 1940, ist studierter und promovierter Physiker im Ruhestand. Während seines aktiven Berufslebens hat er u.a. für große Unternehmen im IT-Bereich in der Systementwicklung gearbeitet. Aber auch im Ruhestand blieb er aktiv: Viele Jahre wirkte er als Physiklehrer und Betreuer für »Jugend forscht« an einem bayerischen Gymnasium. Zudem ist er Autor der Fachbücher »Die Kraft der Naturgesetze« (2015) und »Gesellschaft ohne Ideologie – eine Utopie?« (2019). Darüber hinaus ist er aktiver Wikipedia-Autor und betreibt die Facebook-Seite »Emergenz-Netzwerk«. Seit mehr als zehn Jahren untersucht und beschreibt er die Wirkungen der emergenten Selbstorganisation in Natur und Gesellschaft und die von ihr erzeugte Dynamik und Komplexität.
Im November 2021 trat Günter Dedié dem Bürgerlich-Freiheitlichen Aufbruch (BFA) bei. Er wurde in den Politischen Beirat berufen und ist Sprecher des Fachbereiches Gesellschaft, Wissenschaft und Forschung.
Dr. Günter Dedié ist Mitglied des Hayek-Club Salzburg. Er ist verheiratet und lebt im Landkreis Rottal-Inn.
Wir danken Herrn Dr. Dedié für die Erlaubnis, seinen Artikel auf unserer Vereins-Webseite veröffentlichen zu dürfen. Die Zwischenüberschriften wurden redaktionell eingefügt.

 

 

 

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