Interview mit Maik Junker von M4Energy zur Energieversorgungslage

Maik Junker, Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender — Foto: M4Energy eG

„Wir sehen ein extremes wirtschaftliches und soziales Risiko“

Die M4Energy eG ist eine Dresdner Energiegenossenschaft, die seit 2010 private Endverbraucher und Gewerbekunden bundesweit mit Strom, Gas und Heizstrom versorgt. Maik Junker, der Mitbegründer und Vorstandsvorsitzende von M4Energy eG, war so freundlich, für den Hayek-Verein einige Fragen zu beantworten.

Aus unserer Redaktion. — Dresden, 8. April 2022

Herr Junker, Sie versorgen bundesweit, Sie spielen also in der Bundesliga. Sie unterstützen auch einen erfolgreichen Bundesligisten, Sie hatten dieses Engagement aber schon vor einigen Jahren begonnen, als sich der Club erst in den Spitzenfußball hochkämpfen wollte. Woher kommt bei Ihnen dieses Gespür für erstklassige Leistung?

Maik Junker: Wir sind dort seit Sommer 2015 „Offizieller Energiepartner“ sowie Partner des gemeinsamen Energieprojektes. Denn wir wissen: Der Mittelstand verschenkt viel Geld bei den Energiekosten. Jeder kann sich vorstellen, dass man energetisch im Unternehmen genauer hinsehen sollte. Aber dann muss man es auch machen, richtig machen. Wir lassen Energieverbraucher von unseren Erfahrungen profitieren. Wir beschäftigen uns mit der Energieberatung des Mittelstands, wir erhöhen die Effizienz und erkennen Einsparpotenziale, in der Regel zwischen 15 und 25 Prozent. Zudem schlagen wir den Mittelständlern vor, wie sie Fördertöpfe nutzen können – wir kümmern uns darum. Eine „erstklassige Leistung“, um auf die Frage direkt zu antworten, gründet in unserem wirtschaftlichen Denken und Handeln.

Herr Junker, man erfährt aus den Medien fast täglich etwas zur angespannten Versorgungslage mit Energie. Einige kleine Versorger mussten bereits das Handtuch werfen, die Kunden fielen in die viel höheren Tarife der Grundversorger.

Maik Junker: Ja, in der Tat arbeiten wir in einem sehr schwierigen, nervösen Markt – der bestand aber bereits vor der Ukraine-Krise. Die CO₂-Zertifikate hatten die Preise bereits nach oben getrieben, denn weltweit haben wir ja ambitionierte Klimaziele gesteckt, national durch die neueren Koalitionsvereinbarungen forciert. In den letzten Wochen des vergangenen Jahres stellen wir aber ein Auseinanderdriften von Angebot und Nachfrage fest. Wir sahen eine Rallye wie noch nie in den 12 Jahren unseres Bestehens, denn jetzt kommen extreme Finanzaktivitäten – wohl auch durch Spekulationen – hinzu.

Können Sie gegenwärtig noch Ihre circa 10.000 Privat- und Geschäftskunden bedienen?

Maik Junker: Absolut! Wer sich langfristig an uns gebunden hat, für den haben wir auch für diese Laufzeit entsprechend eingekauft. Für unsere Bestandskunden können wir den Preis mit einer Mischkalkulation absichern. Allerdings können wir nur neue Mitglieder und Kunden aufnehmen, wenn es uns gelingt, deren zusätzlichen Bedarf auch einzukaufen, idealerweise für voraussichtlich drei bis fünf Jahre.

Herr Junker, wie schätzen Sie die Auswirkungen dieser Kostenentwicklungen für den „Normalbürger“ ein?

Maik Junker: Noch im vergangenen Jahr konnten wir Strom für 6 Cent/kWh im Einkauf beziehen, heute kostet er 32 Cent/kWh. Der Gaspreis stieg von 2 Cent/kWh auf 16 Cent/kWh – im Einkauf! Da rollt auch auf die Kunden finanziell eine extreme Mehrbelastung zu. Für einen Immobilienbesitz mit einer durchschnittlichen Strom- und Gasversorgung kommen da 4.000 Euro Mehr-Belastung durchaus zusammen.

Wir als Team von etwa zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der M4Energy eG sehen ein extremes wirtschaftliches und soziales Risiko. Wir können von Glück sagen, dass es im abgelaufenen Winter keine ungewöhnlich kalten Temperaturen gegeben hat. Trotzdem werden die Energiekosten in diesem Jahr für viele Bürger so hoch ausfallen, dass sich manche keine Urlaubsreise gönnen werden, wenn sie erst einmal die Betriebskostenabrechnung begleichen müssen. Den Privathaushalten drohen höhere Kosten. Es fällt uns schwer, in dieser Lage einen Hoffnungsfunken auf Entspannung zu sehen.

Und wie gestaltet sich Ihrer Meinung nach die volkswirtschaftliche Entwicklung?

Maik Junker: Der Energiemarkt ist angespannt, erst pandemiebedingt, dann auch noch geopolitisch. Wenn Energie aus verschiedenen Gründen knapp wird, steigen die Preise. Für uns als M4Energy eG war das abzusehen, denn wir stehen mit Erzeugern und Produzenten proaktiv in Verbindung. Zusätzliche Quellen lassen sich nicht so schnell erschließen, denn Produzenten und Abnehmer sind in diesen Märkten langfristig gebunden. So rechne ich damit, dass der Import von verflüssigtem Erdgas (LNG) nicht vor 24 Monaten verfügbar sein wird, denn in Deutschland gibt es keinen Hafen dafür. Aktuell ist es hart. Einige unserer Geschäftskunden mussten die Produktion drosseln oder avisieren gar einen Betriebsstopp, viele können die Mehrbelastungen kurzfristig noch nicht an Ihre Kunden weitergeben.

Hilft Ihnen die Bundes- oder Landespolitik?

Maik Junker: Als Energiegenossenschaft sorgen wir für Stabilität und Sicherheit der Energieversorgung unserer Mitglieder und Kunden. Wenn der Großteil des Marktes reguliert wird, lässt uns das auch nicht kalt. Denn auf die betriebswirtschaftlichen Kosten kommen ja noch Steuern und Abgaben an den Staat. Jetzt werden mit einiger Phantasie Lösungen zur Entlastung der Bürger vorgestellt, die nicht gut durchdacht sind. So soll ein „Energiegeld“ bezahlt werden. Jeder kann sich vorstellen, dass inflationär bedingt manche Menschen damit andere Löcher stopfen werden als es für ihre Energiekosten zu verwenden. Da stelle ich mir doch besser eine zweckgebundene Zuweisung vor. Zudem muss der Kreis der Zuwendungsempfänger eigentlich in dieser Sondersituation deutlich vergrößert werden.

Haben Sie mit Ihren Erfahrungshorizonten auch einen Ausblick für die Dresdner Bürger?

Maik Junker: Ja, wir können es nicht bei Glaube und Hoffnung belassen. Wir sollten uns noch mehr der Aufklärung zu den Energiekosten widmen. Wir wollen an unsere Mitglieder und Kunden ein Informationsblatt mit Tipps für den Umgang mit Heizung und elektrischen Geräten versenden. Beim Einsparen beim Verbrauch muss man ja nicht unbedingt immer nur ökologisch, sollte aber doch zumindest immer mit an das eigene Portemonnaie denken.

Wer nicht die exklusive Gelegenheit hat, den Geschäftsführer persönlich mit Fragen zu „löchern“, der erhält als Neugieriger von einer ziemlich bekannten Quelle die enttäuschende Reaktion: „Der Artikel ‚M4Energy' existiert in der deutschsprachigen Wikipedia nicht.“ Sind Sie also gleichzeitig Bundesliga und Geheimtipp?

Maik Junker: Wir haben hohe Ansprüche an uns selbst, das stimmt. Aber ein Geheimtipp wollen wir nicht sein, an unserem Bekanntheitsgrad arbeiten wir weiter!

Herr Junker, vielen Dank für das Gespräch.

Vielen Dank für Ihr Interesse!

DER INTERVIEWPARTNER

Maik Junker ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender von M4Energy eG, die im Genossenschaftsregister Dresden eingetragen ist. Vorsitzender des Aufsichtsrates: Christian Janeczek, Vorstand: Maik Junker (Vorsitzender), Mirko Schlegel. Der Firmensitz ist in Bertolt-Brecht-Allee 24, 01309 Dresden. Homepage: www.M4Energy.de Auch auf Facebook präsent: www.facebook.com/m4energy

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Maik Junker im Interview für Der starke Mittelstand: „Mittelstand verschenkt viel Geld bei Energiekosten“ (Dezember 2019)

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