SLIDERGALERIE №4: Rainer Gebhardt

RAINER GEBHARDT: »RANDEXISTENZEN«

Ackerunkraut und Lieblingsblume

Rotestes Rot: Klatschmohn im Morgenlicht, im Gegenlicht

Von Rainer Gebhardt. — Bad Nauheim, 13. September 2019

Klatschmohn (Papaver rhoeas), auch Mohnblume oder Klatschrose genannt. Die Pflanze ist seit dem Neolithikum ein Kulturbegleiter, ein sogenannter „Altbürger“ (Archäophyt). Die Farbe war es, dieses roteste Rot, das den Klatschmohn zum Symbol sowohl für Liebe wie für den Tod machte.

Klatschmohn gehörte zu den Lieblingsblumen der Impressionisten, man könnte fast glauben, der Impressionismus sei seinetwegen erfunden worden. Am bekanntesten ist Claude Monets Gemälde „Mohnfeld“, das er 1874 anlässlich der ersten Ausstellung der Freilichtmaler der Öffentlichkeit präsentierte. Es stellt die flirrende Stimmung eines Spaziergangs durch eine sommerliche Wiese voller Mohnblumen dar.

Solche Wiesen sind selten geworden. Denn sein einst häufiges Vorkommen auf Getreidefeldern machte den Klatschmohn zum Ackerunkraut. Und so kennt auch kaum jemand noch die Gedichte von Uhland, von Hebbel, Dauthendey oder von Löns, in denen sie den roten Mohn besangen:

„Ein großes, grünes Roggenfeld, Und drinnen feuerroter Mohn ...“

Heute blüht er fast nur noch in den Winkeln und auf den Flächen, die ungenutzt am Rand liegen. Dort aber ist er ein Überlebenskünstler: Die Samen können bis zu 100 Jahre ihre Keimfähigkeit im Boden bewahren.

Dem Fotografen gefiel immer schon die Hartnäckigkeit, mit der dieser „Altbürger“ seine Randexistenz und sein Territorium verteidigte. So macht sich eben jeder auf die Natur seinen eigenen Reim – im Morgenlicht, im Gegenlicht, in der Dämmerung.

Die Bilder der jeweils aktuellen Slidergalerie sind hier zu sehen: SLIDERGALERIE

DER AUTOR

Rainer Gebhardt, Jahrgang 1950, studierte Philosophie in Jena. Nach freier Mitarbeit in verschiedenen Verlagen war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Goethe-Nationalmuseum in Weimar. 1983 erfolgte die Aberkennung der Staatsbürgerschaft und Ausreise aus der DDR. Seitdem ist er als Texter für Werbeagenturen, Kommunikationsberater für Großunternehmen und als freier Autor tätig.

Zurück