Vortrag Prof. Habermann: »Die Tradition der Freiheit in Deutschland«

Das Volk ist keine „Hammelherde
von gehorsamen Haustieren“
Stadtluft und Damenstifte und Bauerngenossenschaften – Geschichte und Geschichten sprudeln nur so heraus
Aus unserer Redaktion. — Dresden, 18. April 2025
Auf Einladung unseres Vereins war zum wiederholten Male Prof. Dr. phil. Gerd Habermann am 16. April 2025 im Kulturhaus Loschwitz zugegen. Er hielt einen Vortrag »Ein anderer Blick auf die deutsche Geschichte: die Tradition der Freiheit in Deutschland«. Die Ankündigung dieses Termins hatte trotz der nahen Ostertage dazu geführt, dass wir dem geschätzten Referenten wieder einen gut gefüllten Saal präsentieren konnten. Dr. Reinhard Günzel richtete herzliche Begrüßungsworte und zitierte zur Einführung einen Abschnitt aus »Freiheit oder Knechtschaft? Ein Handlexikon für liberale Streiter« (2011) aus der Feder des Referenten und empfahl diese Worte wegen der dauerhaften Aktualität zur Verbreitung:
»Zukunftsmodell Deutschland — Deutschland wird als starke und geschätzte Nation nur bei Wiederherstellung von Eigentum, Freiheit und Selbstständigkeit bestehen können, d. h. mit Überwindung des Wohlfahrtsstaates. Weniger Staat, mehr individuelle Wohlfahrt: Das muss die Generalparole der Zukunft sein. Wo diese „Wende“ zur Wiederherstellung der Selbstständigkeit nicht gelingt, wird vermutlich diese Nation ihr ökonomisches und ihr Sozialkapital mehr und mehr verspielen und vielleicht am Ende durch Auszehrung auch der biologischen Substanz international vom ersten Rang in das Parkett und schließlich auf die Stehplätze des Welttheaters wandern.«
Prof. Gerd Habermann ist mit dem Thema der deutschen Geschichte vielfältig und vertieft vertraut. Namen wie Arminius, Schiller, Goethe, Nietzsche, Röpke, Erhard und Wilhelm von Humboldt dienen ihm als Stichworte, um die Tradition des Freiheitskampfes zu erzählen. Begriffe und Orte wie die freie Bauernrepublik Dithmarschen, Tirol, die Schweiz, die Hanse, Lübeck, Wismar, Stralsund, Dessau, Wörlitz, Gernrode, Quedlinburg – Geschichte und Geschichten sprudeln nur so heraus. Stadtluft macht frei! und Damenstifte und Bauerngenossenschaften – alles wird aufgezählt und in einen Strom der Freiheitsbewegung eingeordnet. Mit jeder Episode, jedem Namen, jedem Fakt tritt Prof. Habermann der Tendenz entgegen, das Volk bloß als „eine Hammelherde von gehorsamen Haustieren“ zu sehen: „Das höchste Glück liegt im Kampf und in der Überwindung“.
Freiheit im Deutschland der Gegenwart unter Druck
Die Freiheit im Deutschland der Gegenwart sieht Prof. Habermann unter Druck. Dass US-Präsident Trump „Schluß mit der Wokerei“ mache, freue ihn. In Deutschland gelte es, dem Kulturmarxismus entgegenzutreten und die Steuer auf Rundfunkgeräte abzuschaffen. Dabei verwies er auf das Beispiel Ludwig Erhards, der quasi als Einzelner die Marktwirtschaft durchgesetzt habe. Heute habe der argentinische Präsident Milei sich an eine solche Aufgabe herangetraut.
Bei allen politischen Entwicklungen und trotz seines fortgeschrittenen Alters bleibt Prof. Habermann ungetrübt heiter und zuversichtlich: „Die Idee hat keine Eile.“
Wir freuen uns sehr, dass wir den geschätzten Förderer unseres Vereins wieder einmal bei uns begrüßen konnten. Das machten auch die herzlichen Begrüßungsworte durch unseren Vereinsvorsitzenden Dr. Reinhard Günzel sowie die anschließende lebendige Diskussion deutlich. Nicht zuletzt macht uns stolz und zufrieden über diesen Abend in Loschwitz, dass auch Landtagsabgeordnete und Stadtpolitiker den Vortrag verfolgten und sich den kernigen freiheitlichen Botschaften von Prof. Habermann zustimmend anschlossen. Die Diskussionsrunde mündete in persönliche Gespräche beim Signieren zahlreicher Titel – namentlich »Freiheit in Deutschland. Geschichte und Gegenwart« – des Autors, der ankündigte, gelegentlich gern wiederkommen zu wollen. ■
ZUR PERSON
Prof. Dr. phil. Gerd Habermann, Wirtschaftsphilosoph und Publizist, Berlin/Werder, studierte an den Universitäten Frankfurt, Wien, Tübingen und Konstanz die Fächer Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Politische Wissenschaft, Philosophie und Volkswirtschaft. Erster ordnungspolitischer Einsatz beim Wirtschaftsrat der CDU e. V. (Grundsatzreferent 1978 bis 1982). 1983 Wechsel zur Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer e. V. (ASU; heute »Die Familienunternehmer«), dort von 1993 bis 2010 Leiter des Unternehmerinstituts. An der Universität Potsdam seit 2003 Honorarprofessor. Ferner Initiator und Geschäftsführender Vorstand der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft e.V., bis 2020 auch Vorstandsvorsitzender der Friedrich A. von Hayek-Stiftung (seit 1998/2001). Mitglied der Mont Pelèrin Society. Über 450 Veröffentlichungen, darunter: »Der Wohlfahrtsstaat. Ende einer Illusion« (4. Aufl. 2017), »Philosophie der Freiheit – ein Friedrich August von Hayek-Brevier« (5. Aufl. 2018), »Freiheit oder Knechtschaft? Ein Handlexikon für liberale Streiter« (München 2011), »Freiheit in Deutschland. Geschichte und Gegenwart« (2. Aufl. 2022). Zahlreiche Broschüren zur Kritik und Reform des deutschen Wohlfahrtsstaates und zur Wirtschaftsethik. Autor in der FAZ, NZZ und WELT.
DAS BUCH
Gerd Habermann: Freiheit in Deutschland: Geschichte und Gegenwart. Olzog Verlag (2. Aufl. 2022) — Dieses Buch zeigt eine andere, freundliche Geschichtslinie der Deutschen – als Träger einer reichen politischen Kultur der Freiheit, des Universalismus, einer unglaublichen Vielfalt politischer Institutionen im Wettbewerb und dazu einer großen Freiheitsliteratur. Von der germanischen Frühzeit bis heute schildert uns der Autor eine herrliche Vielfalt: eine großartige genossenschaftliche Bauernkultur, die Fülle freier Städte, der Reichtum an politischer Bildung bis hin zur viel gescholtenen »Kleinstaaterei« mit ihren Fürstentümern, Abteien und Bistümern (als »Gottesstaaten«), sogar Reichsdörfern und »Frauenstaaten«; auch die Persönlichkeitsidee der deutschen Klassik und die einzigartige liberale ¬Ordnungslehre des 20. Jahrhunderts sind Höhepunkte deutscher Freiheitsgeschichte. Es mangelt auch nicht an Freiheitshelden: von Arminius bis Ludwig Erhard. Die preußische Machtstaatsidee war nur eine in einem Kosmos anderer politischer Möglichkeiten und ist am Ende furchtbar gescheitert. Jede Nation, auch eine Kulturnation, braucht aus Gründen ihres Selbstverständnisses, ihrer Selbsterhaltung und ihres Identitätsbewusstseins eine »große Erzählung«. Warum nicht eine große Erzählung von Freiheit und Wettbewerb in der deutschen Geschichte? Der Autor wirbt für einen »liberalen Patriotismus«, in scharfem Kontrast zum Irrlicht eines übersteigerten zentralistischen Nationalismus. Er verleugnet nicht, dass er von der liberalen Lehre der österreichischen Schule der Ökonomie, die auch eine Sozialphilosophie ist, inspiriert wurde. Ein Buch, auf das historisch verwurzelte Freunde der Freiheit gewartet haben mögen. Nun ist es da. (Verlagstext) ⋙ Link